Mit dem Namen Novo Mesto mag man aufs Erste das assoziieren, was der Metropole der Region Dolenjska in der Unterkrain heute ansehnlichen Wohlstand beschert: eine blühende Auto- und Pharmaindustrie. Doch spätestens beim Überqueren einer der romantischen Holzbrücken über den Fluss Krka, der als Mäander das historische Zentrum der Stadt umschlingt, offenbart sich ein ganz anderes Kapital: Schönheit und große Geschichte, deren Atem förmlich durch die dicken Reste der Stadtmauern zu erspüren ist.
Um dieses Fleckchen Erde gab es nämlich schon vor Jahrtausenden ein Griss. Auf die Spuren großer Blütephasen als Handelsknotenpunkt während der Bronzezeit und sogar als Fürstensitz während der Hallstattzeit ist man in Novo Mesto mit gutem Recht sehr stolz. Es sind elf Funde, rund ein Viertel der weltweit äußerst seltenen Situlen, becher- und vasenförmigen Gefäße mit wertvollsten Reliefornamenten, die Aufschluss über das Leben um das 8. bis 4. Jahrhundert vor Christus geben. An allen Ecken und Enden tauchen sie heute in der "Stadt der Situlen" als Markenzeichen auf. Im Original sind sie im Regionalmuseum Dolenjska zu bewundern – gemeinsam mit einer Pracht an bunten Glasperlen.
Hallstattzeit, Heilige und Habsburger
Diese wurden hier zu Tausenden in einzelnen Hallstattgräbern gefunden. Unter Kennern eine absolute Sensation mussten sich die Damen der übrigen Gräber aus dieser Zeit andernorts gewöhnlich mit zwei Stück als Grabbeigabe begnügen.
Nicht zu Glanz und Glamour, aber sehr wohl zum sanft hügeligen Umland von Novo Mesto, das heute Gäste mit Thermalquellen und großer Weinkultur erfreut, hatte eine ganz bescheidene Dame große Affinität. Die Landesheilige Kärntens, Hemma von Gurk, nannte hier einst große Ländereien ihr Eigen. Spekulationen zufolge soll sie auch in der Region geboren sein.
Und schließlich machte hier der Habsburger-Herzog Rudolph IV. im Jahr 1365 Nägel mit Köpfen. Er verlieh Novo Mesto als "Rudolfwerth" das Stadtrecht. Im Ort wird bis heute seinem Gründer auf Schritt und Tritt gehuldigt. Sein Wappen ziert nicht nur das pittoreske Rathaus, das als Teil des romantischen Hauptplatzes voller Arkadengänge und Atriumhöfe entzücken darf. Voller Ehrfurcht mag man den Kanaldeckeln, auf denen Rudolph aus seinem Wappen schaut, ausweichen.
Sakrale Schätze
Doch am markantesten prägen seit Jahrhunderten die Glockentürme zweier Kirchen das urbane Bild. Als jahrhundertealtes Wahrzeichen ragt die gotische St.-Nikolaus-Kirche gen Himmel. In ihrem Inneren birgt sie das zentrale Kunstwerk der Stadt, das Gemälde des Heiligen Nikolaus, ein Werk des venezianischen Renaissance-Malers Tintoretto.
Die Kirche St. Lenhart gehört zum 1472 gegründeten Franziskanerkloster. "Die Franziskanerbrüder engagierten sich stets für den Aufschwung der Stadt. So wurden Sie auch von Kaiserin Maria Theresia damit betraut, die von ihr 1746 gegründete, erste Schule des heutigen slowenischen Territoriums zu leiten", lässt Sabina Zakšek, Guide der Region Dolenjska, wissen. Das Gymnasium besteht bis heute. Die Brüder arbeiteten auch stets an der öffentlich zugänglichen Klosterbibliothek, die mehr als 30 Inkunabeln – Wiegendrucke – und über 20.000 Bücher zahlreicher Wissenschaftsgebiete birgt.
Genug Historie! Nun empfiehlt sich ein Spaziergang an der "Breg". Dort, wo verträumte Häuschen auf den Fundamenten der alten Stadtmauer am Fluss posieren. Und Sabina weiß zu erzählen: "Einst wohnte hier die ärmere Hälfte der Bürger. Die Hausfrauen vermieteten als sogenannte Studentenmuttis ihre Zimmer an Schüler, um ihr Budget aufzubessern. Heute wohnt hier die Crème de la Crème. Das nennt man Zeitenwende."
Regina Rauch-Krainer