Reiseführerin Barbara bekommt Wangen in der Farbe der japanischen Kamelien im mediterranen Park der Stadt, wenn sie von ihrem „Angebeteten“ erzählt. Leider gibt es ihn nur als blutlose Marmorbüste, dennoch ist sie sein größter Fan. Es ist Friedrich Julius Schüler, Generaldirektor der Südbahn-Gesellschaft, der mit seinen Visionen und dem nötigen Geld den Aufstieg Abbazias Ende des 19. Jahrhunderts von einem Fischerdorf zu einem mondänen Luftkurort begründete. „Ohne ihn keine Eisenbahn, keine Villen, keine Hotels, keine Strandpromenade, keine Parks. Schüler war für Abbazia wichtiger, als der Kaiser,“ sagt Barbara.
In Opatija schuf Schüler sein Lebenswerk, weil ihm das milde Klima so behagt hatte. Zahlreiche Betuchte folgten seinem Vorbild und errichteten beeindruckende Villen und Hotels, von denen noch zahlreiche erhalten sind.
Entlang des Lungomare
Die größte Errungenschaft war die Anlage des Lungomare, ein 10 Kilometer langer, gepflasterter Weg von Lovran bis Volosko, der sich am Meer entlang schlängelt. Damit konnten die noblen Gäste den heilsamen Cocktail aus Meeresaerosolen und ätherischen Ölen der mediterranen Pflanzen genießen. „Er kaufte den vielen Grundbesitzern zehn Kilometer Küstenstreifen ab und machte ihn öffentlich zugänglich. Das wäre heute so nicht mehr möglich“, ist Barbara stolz auf die Franz-Joseph-Promenade. Als Dank für schöne Erinnerungen erhob der Kaiser Abbazia zum Luftkurort.
Die Ärzte rieten Wiener Lungen-Kranken dringend regelmäßige Spaziergänge in Meeresnähe an. Das Mikroklima, angereichert mit den Ölen von Lorbeer, Lavendel, Salbei, Rosmarin, Tamarisken, Myrthe, Oregano und Kiefern bekam sogar einen Namen, den „Kvarner Effekt“. OpatIja gab es damals quasi auf Krankenschein. Die Meeresluft vollbringt auch heute noch Wunder. Es sind die Millionen Mikrokügelchen salzhaltigen Meerwassers, die durch das Brechen der Wellen vernebeln und in den Lungen ihre heilsame Wirkung tun.
„Wenn ich 30 Jahre jünger wäre, würde ich dort oben eine exklusive Long-Covid-Klinik errichten“, bedauert ein Kärntner Hotelier, dass er es nicht ist und deutet auf die Anhöhe, wo er sich ein Domizil mit Blick auf das Meer geschaffen hat. Zum Schluss gibt Barbara noch einen Tipp ihrer Großmutter mit auf den Weg: „Pass auf, mit wem du am Lungomare spazieren gehst. Er könnte an dir picken bleiben.“
Elisabeth Tschernitz-Berger