Der Helm sitzt, der Sattel ist eingestellt und die Wasserflasche griffbereit. Noch rasch den Reifendruck kontrolliert und schon kann es losgehen – und zwar ganz klassisch, ohne elektrische Unterstützung. Ziel ist eine Tour mit dem Fahrrad um den Chiemsee im benachbarten Bayern.
In den 59,6 Kilometer langen Rundradweg einsteigen kann man fast überall. Ein idealer Einstieg allerdings ist in Rimsting am Westufer des Sees. Vorbei an den Badenden am Seeufer führt der Weg gegen den Uhrzeigersinn über kurze sanfte Steigungen und flache Streckenabschnitte Richtung Südufer des Sees.
Durch Wohngebiete und schmale Gassen kommt man dem „Meer der Bayern“ immer näher, bis es sich vor einem ausbreitet. Im Blau des kristallklaren Wassers spiegeln sich die Segel der kleinen weißen Optimisten-Jollen. Auf und um den 80 Quadratkilometer großen See wird die sportliche Betätigung nämlich großgeschrieben. Segelschulen, Fahrradverleihe und Strandbäder buhlen um die Gunst der naturhungrigen Urlauber.
Auf Feld- und Schotterwegen sowie asphaltierten Straßen geht es kilometerlang geradeaus, entlang der Autobahn 8, hinein ins Naturschutzgebiet Achendelta im Südosten. Über kleine Brücken und unter Schatten spendenden Bäumen lässt man sich mit den anderen Radfahrern treiben. Es ist Zeit, das Tempo zu drosseln, schließlich steht im Naturschutzgebiet die Aussicht klar im Vordergrund.
Und genießen ist vor allem dann unfallfrei möglich, wenn man anhält. Neben zahlreichen Vögeln ist die Vegetation selbst ein Augenschmaus: selbst im Hochsommer wunderbar grün. Bei all dem, was es zu sehen gibt, darf aber auf die anderen Radfahrer nicht vergessen werden – schon gar nicht auf die E-Bike-Fahrer. Flott sausen die Biker mit elektrischer Unterstützung lautlos an einem vorbei.
Als Pedalritter ohne versteckten Antrieb kommt man bei der Seeumrundung ganz schön ins Schwitzen. Da kommt eine Abkühlung im „Sonnendeck“, einem Lokal direkt am Strand in Chieming, gerade richtig. Mit einer großen Apfelsaftschorle in der Hand und den Zehen im Wasser lässt es sich entspannt pausieren. Die Hälfte der Strecke ist geschafft, es gilt also, Kräfte zu sparen, denn die Beine werden langsam schwer.
Wieder in den Sattel schwingen, mit jedem Pedaltritt nähert man sich dem Ausgangsort der Radrunde. Ein kleiner Höhepunkt liegt dabei noch auf dem Weg: Gstadt am Chiemsee. Von hier legen Fähren alle paar Minuten zur Herren- und zur Fraueninsel ab, und die Strandbäder von Gstadt gehören zu den schönsten am Chiemseeufer. Der Gedanke, kurzerhand mit dem Rad auf eine der Inseln überzusetzen, wird aber gleich wieder verworfen. Fahrräder sind auf allen Chiemseeinseln nämlich nicht gestattet.
Jetzt noch einmal kräftig in die Pedale treten, um die letzten Kilometer nach Rimsting zu meistern. Vorbei an idyllisch gelegenen Bootshäusern und Privatstränden, dann sieht man die Gleise der Chiemsee-Schmalspurbahn. Endstation. Bitte alle absteigen.
Martina Pachernegg