Die Mosel ist 544 Kilometer lang, die Luftlinie beträgt exakt die Hälfte. Dies liegt daran, dass sich der Fluss unentschlossen in weiten Schlingen durch die beschaulichen Weinberge der „Mittleren Mosel“ schlängelt. Diese reicht von Luxemburg bis Cochem, dort gedeiht auch der berühmte Moselwein, und nur dort findet man die kitschig-schöne Mosellandschaft. Geprägt von steilen Weinbergen und lieblichen Ortschaften, die sich an die Hänge schmiegen und teilweise auf die Römerzeit zurückgehen. So ist etwa Trier die älteste Stadt Deutschlands, die als Augusta Treverorum schon im vorchristlichen Rom als Stadt anerkannt war. Römische Relikte findet man aber viele in diesem uralten Siedlungsgebiet.
Berühmte Weinorte an der Mosel sind etwa Bernkastel-Kues, Beilstein oder Cochem, klingende Namen in den Ohren von Liebhabern edler Tropfen. Und Weinliebhaber sind gar nicht so selten auf der MS Klimt, wo man für Kreuzfahrten auf der Mosel anheuert und in acht Tagen von Luxemburg bis Amsterdam – oder umgekehrt – fährt.
Eine Kreuzfahrt auf einem Fluss ist ihrem Wesen nach etwas völlig anderes als eine auf hoher See. Bietet ein modernes Kreuzfahrtschiff Platz für gut 3000 Gäste, ist die Crew der MS Klimt stolz auf die 72 Doppelkabinen – unterm Strich also 144 Gästebetten. Das Personal ist ebenso überschaubar, nach kurzer Zeit kennen sich alle – und diese intime Atmosphäre schätzen die Flusskreuzfahrer.
Man fährt auf einem Strom auch nicht nur, um von einem Hafen zum nächsten zu kommen, sondern hier ist tatsächlich der Weg das Ziel. Das gilt ganz besonders für eine Kreuzfahrt auf der Mosel. Der Fluss mäandriert gemächlich vor sich hin, die Passagiere machen es sich auf Deck gemütlich und lassen den Blick über die steilen Weinberge und idyllischen Städtchen wandern. Das macht durstig! Wie gut, dass wir gerade in Bernkastel-Kues anlegen.
Das Frühstück an Bord ist zwar noch nicht lange her, aber die Tapferen unter den Passagieren schreiten – endlich wieder festen Boden unter den Füßen – schon zur ersten Weinverkostung des Tages. Wem das zu früh für ein Glas „Bernkastler Doctor“ ist, flaniert eben durch den malerischen Kurort, dessen mittelalterlicher Charakter unverfälscht erhalten ist. Kein Wunder, dass die Doppelgemeinde Bernkastel-Kues der meistbesuchte Ort an der Mittelmosel ist.
Mehr als 100 Weingüter bewirtschaften die steilen Hänge, der „Doctor“ ist die exklusivste und teuerste Lage, andere heißen „Kueser Kardinalsberg“, „Wehlener Sonnenuhr“ oder „Andeler Goldschatz“. Bei derart fantasievollen Namen wundert man sich nicht mehr, wenn die höchste Erhebung der Gegend mit ihren 415 Metern Seehöhe den Namen „Olymp“ trägt.
Aber allzu viel Zeit bleibt weder den Flaneuren für die Besichtigung noch den Connaisseuren für die Weinkost, es geht schon wieder weiter. Für den geräucherten Mosel-Aal oder die „Schorle“ ist es sowieso noch viel zu früh. Wer mag schon um 10 Uhr Kartoffelauflauf mit reichlich Fleisch und Zwiebeln?
„Wir müssen unseren Zeitplan einhalten“, lächelt Olga Bozhko, die Kreuzfahrt-Direktorin auf der MS Klimt. Die studierte Deutschlehrerin stammt aus Rostow am Don und fuhr ab 2004 auf der Wolga – und war ab damals für die Schule verloren. Nach einigen Jahren auf großen Schiffen kam sie auf mitteleuropäische Flüsse: „Das ist kleiner, entspannter und viel ruhiger“, erzählt sie. „Wir haben enorm viele Stammgäste, viele Freundschaften entstehen und ganze Gruppen kommen gemeinsam wieder, die sich vorher nicht einmal gekannt hatten.“
Es geht weiter nach Beilstein, noch ein berühmter Mosel-Weinort. Wer übrigens glaubt, dass der Moselwein auch heute noch goldgelb und süßlich ist, wird auf Schritt und Tritt eines Besseren belehrt: Wie überall haben auch die Weingüter an der Mosel die Zeichen der Zeit erkannt, machen vorwiegend trockene und fruchtige Weißweine, wie sie dem Geschmack der Zeit entsprechen.
Cochem ist der Endpunkt der mäandrierenden Mittelmosel, von dort ist es nicht mehr weit bis Koblenz, wo der Fluss in den Rhein mündet. In Cochem zieht die Landschaft noch einmal alle Register: enge, mittelalterliche Gässchen mit Fachwerkhäusern, hoch oben thront die Reichsburg Cochem und rundum steile Weinhänge.
Am Beginn – oder am Ende – der Mosel-Kreuzfahrt steht die Stadt Luxemburg, die allein schon eine Reise wert ist. Die Hauptstadt des kleinen Fürstentums ist ein pulsierendes Wirtschaftszentrum mit Sitz vieler Konzerne. Dass die Stadt wohlhabend ist, spiegelt sich nicht nur in der sehenswerten Altstadt, sondern auch im Angebot: Die Reichen und Schönen werden ebenso verwöhnt wie die Schleckermäuler.
Die Lage am Schnittpunkt der deutschen und französischen Lebensart schlägt sich auch auf die Küche nieder. „Wir bieten französische Küche in deutschen Portionen“, lacht die Kellnerin im Restaurant „Am Tiimschen“ – „Am Türmchen“. Sie serviert köstliche „Kniddelen mam speck a rahm“ (Nockerl mit Speck und Rahmsauce) und dazu ein herzhaftes Bier. Da ist man bereits gut auf die Flusskreuzfahrt eingestimmt.