Vor der Phalanx von gemächlich schaukelnden Gondeln brodelt ein Drängen um die besten Plätze für Selfies. Davor, auf dem Markusplatz, suchen die Tauben noch Raum zwischen den sich vorüberschiebenden Reisegruppen aus allen Kontinenten. Ob Touristenstrom oder Hochwasser: Hier herrscht Flut im Sog ankommender Ozeanriesen wie im Tagesrhythmus der Gezeiten. Doch mittendrin eröffnet unvermutet eine grüne Insel dem Besucher einen Rückzugsort für Kontemplation, einen weitläufigen Atmenspender, einen schattenspendenden Park: die Giardini Reali di Venezia.

Wie eine erlösende Antwort auf die jüngsten Hochwasser, die Venedig mit Jahrhundertgewalt heimsuchten, wurden die Königlichen Gärten vor Kurzem nach fünfjähriger Renovierungsarbeit wiedereröffnet. Jahrzehntelang waren Gebäude und Pflanzenwelt der Giardini Reali einem ähnlichen, scheinbar unaufhaltsamen Verfall preisgegeben wie die Lagunenstadt selbst. Doch auch hier bleibt Venedig ewig.

Kulturerbe erhalten

„Fünf Jahre intensiver und leidenschaftlicher Arbeit waren notwendig, um diesen Ort des Lebens, der Harmonie und des Friedens für die Stadt Venedig zu restaurieren“, ist Adele Re Rebaudengo, die Präsidentin der Stiftung der Königlichen Gärten, stolz auf die „Erhaltung eines wertvollen Stücks Kulturerbe, mit dem die Venezianer eng verbunden sind“. Gemeinsam mit Gartenarchitekten und Künstlern hat man das historische und ökologische Ambiente wieder neu hergestellt, finanziell ermöglicht von der Generali, jener Versicherung, die der Löwe im Firmenwappen der Stadt Venedig verpflichtet.

Napoleon und Sisi

Napoleon Bonaparte hatte mit seinen französischen Truppen zwei Anläufe auf die ein Jahrtausend bestehende Serenissima Repubblica di San Marco, die Durchlauchtigste Republik Venedig, zur Eroberung benötigt. Am 12. Mai 1797 legte der letzte Doge Ludovico Manin sein Amt nieder, Venedig fiel an Österreich, von 1805 bis 1814 wieder an Frankreich und dann erneut Habsburg zu. Napoleon, vom Markusplatz als „schönstem Wohnzimmer der Welt“ begeistert, ließ per Dekret von 1807 den Park an der dem Meer zugewandten Rückseite der Prokuratien errichten. Ahnungsvoll ließ er die Königlichen Gärten so hoch anlegen, dass sie über Hochwasser – auch die jüngsten – erhaben blieben. Von den Prokuratien waren sie über eine eigene, nun ebenfalls restaurierte Zugbrücke begehbar.

Über diese schritt einst auch Kaiserin Elisabeth bei ihren insgesamt acht Monaten Aufenthalt in Venedig um die Mitte des 19. Jahrhunderts, um zwischen Blumen und Bäumen im Herzen der Lagune zu flanierten. Sisi hatte sogar eine eigene Bootsanlegestelle in den Giardini Reali. 1920 wurden die Gärten dem Staat übergeben und gerieten fast ein Jahrhundert lang in langsamen Verfall.

Begrünung am Canal Grande

2014 schritt man an die Generalrenovierung. Behutsam ließ Architekt Paolo Pejrone sieben Bäume gesund pflegen, 19 abgestorbene durch 22 neue ersetzen sowie 804 Büsche, 68 Kletterpflanzen und 6560 Blumen pflanzen. Aus den historischen Bauten ließ der Architekt Alberto Torsello das Gartenhaus als „Human Garden“-Pavillon für Kunstaktivitäten erstehen. Das historische „Caféhaus“ wird Illycaffè dem ursprünglichen Zweck zuführen, wie Präsident Andrea Illy versichert. Montag ausgenommen, laden nun die Königlichen Gärten zum naturnahen Verweilen abseits des Rummels in den engen Gassen und Kanälen Venedigs ein.

Auch für den Projektpartner Generali ist es ein Flanieren in der mit Venedig eng verbundenen Geschichte, auf die Generaldirektor Philippe Donnet verweist. 1832 bezog die im Jahr davor in Triest gegründete Assicurazioni ihr erstes Büro in den Procuratie Vecchie, wo später, 1867, Giuseppe Garibaldi die Einigung Italiens feierte.