Im Norden Portugals bahnt sich der goldene Fluss Rio Douro seinen gewundenen Weg durch das Herz des Weinbaugebiets, ein Unesco-Welterbe, und verliert sich schließlich bei Porto in den Atlantik. Einst segelten auf ihm die Barcos Rabelos mit der wertvollsten Fracht, die dieses Tal hervorbringt, dem Portwein, Richtung Vila Nova de Gaia, der Schwesterstadt von Porto. Bis ihnen die Schleusenbauten vollends den Wind aus den Segeln nahmen. Heute dümpeln die traditionellen Segelkähne als adrette Fotomodelle am Ufer des Douro oder nehmen Touristen für kurze Ausflugsfahrten auf. Und der Portwein landet auf dem Straßenweg in den Kellern großer Portweinhersteller.

In Porto sind Brücken wahre technische Ikonen. Wie die Ponte Maria Pia, die älteste nach Plänen von Gustav Eiffel konstruierte Eisenbrücke. Oder die zweistöckige Auto- und Fußgängerbrücke Dom Luís I., die Théophile Seyrig, einstiger Partner von Eiffel, geplant hat. Porto ist stets für eine Überraschung gut. So verfügt die Kathedrale über zwei Kanzeln für Streitgespräche, ein früher, erfolgreicher Marketingstreich, der die Kirche wieder füllte.

In der Altstadt liegt ein Jugendstiljuwel von einer Buchhandlung, vor dem Touristen Schlange stehen und auch noch Eintritt bezahlen. Harry Potter macht’s möglich. Joanne K. Rowling soll hier im imposanten Innenraum zu den schwingenden Treppen im Zauberinternat von Hogwarts inspiriert worden sein.

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Porto ist auch die Geburtsstadt von Heinrich dem Seefahrer, der 1415 mit einer einzigen Expedition nach Nordafrika zu seinem schillernden Beinamen kam. Und den Bewohnern von Porto die wenig schmeichelhafte Bezeichnung „Kuttelfresser“ einbrockte. Der Prinz ließ für seine Seefahrt das gesamte verfügbare Fleisch beschlagnahmen, lediglich die Tiermägen blieben der Bevölkerung. Noch heute ist Donnerstag Kutteltag, das Gericht längst eine Delikatesse, die es auch auf die Speisekarten feiner Restaurants schafft.

Die MS Infante Don Henrique schippert auf dem Douro
Die MS Infante Don Henrique schippert auf dem Douro © Richard Semik/stock.adobe.com (Richard Semik)

Es wird Zeit, an Bord zu gehen. 75 Meter lang und knapp zwölf Meter breit ist die MS Infante Don Henrique. Das dürfte ganz nach dem Gusto von Namensgeber Heinrich dem Seefahrer sein, der vermutlich auch die Flussfahrt der rauen See vorgezogen hätte.
„Dieses Schiff ist noch ein Schiff“, verkündet Kreuzfahrtleiterin Gabriela stolz. Freilich, bei dem sich bietenden Naturspektakel ziehen die Passagiere die Außensicht vor. Ines, zuständig für die Unterhaltung der Gäste während der Schiffsfahrt, schwärmt von der puren Magie des Talabschnitts mit seinen handgeschnitzten Weinterrassen, bis ein Betonbollwerk von chinesischer Machart in die paradiesischen Bilder knallt. Andrerseits, ohne diese Schleusen wäre keine Schifffahrt möglich.

Schon zur Römerzeit reiften an den Steilhängen Trauben, und bereits im Mittelalter entdeckten die Engländer ihre Vorliebe für „roten Portugieser“. Vertieft wurde diese Beziehung durch die Vermählung von König Charles II. mit Prinzessin Catarina de Bragança, reger Handelsaustausch setzte ein, englisches Tuch gegen Wein aus dem Douro-Tal. Die Geburtsstunde des Portweins schlug 1680, als Händler den Wein mit Weinbrand versetzten, um ihn für die Seereise nach England haltbarer zu machen. Diese Art der Konservierung sollte aus dem Getränk den wohl bekanntesten Wein der Welt machen.

Portugal hatte seinen Weinskandal bereits Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine Weinschwemme sorgte für Preisverfall, der Markt brach zusammen. Marques Pombal, ein königlicher Minister, führte nicht nur strenge Weinkontrollen ein, sondern grenzte auch die Herkunftsregion des Portweins genau ab – das erste geschützte Anbaugebiet der Welt war entstanden. Es hält bis heute.

Auf hohen Terrassen thronen herrschaftliche Landsitze. Dazwischen schmiegen sich kleine Genossenschaften mit ein bis drei Hektar. Von industrieller Weinerzeugung wie bei den Großen kann hier keine Rede sein, wiewohl sich Fortschritt eingestellt hat. Die einstige Beinarbeit im Traubenbottich übernehmen nun Roboter mit Silikonfüßen, erfahren wir von Paulo, unserem Begleiter durchs Douro-Tal, etwa zum zentralen Umschlagplatz für Portwein – eine römische Villa soll Régua den Namen gegeben haben.

Die Bischofsstadt Lamego am Hang des Monte Penude wird von der Wallfahrtskirche Nossa Senhora dos Remédios dominiert. Pilger aus ganz Portugal erklommen die 700 Stufen, um von der Jungfrau Maria Wunder zu erflehen. Erst die Marienerscheinung 1917 in Fátima lief dem Wallfahrtsort den Rang ab.

Als geografischer Mittelpunkt des geschützten Portweinanbau-Gebietes gilt Pinhão. Zentraler Anziehungspunkt ist aber das Bahnhofsgebäude aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, ein Glanzstück der Azulejo-Kunst. Innen und außen zieren weiß-blau-gelbe Fliesenbilder die Baulichkeit und erzählen die Geschichte des Portweins.

Vor der Weiterreise sollte man noch die Anhöhe oberhalb von Pinhão erklimmen, um den traumhaften Panoramablick auf Weinhänge und Rio Douro für immer aufzunehmen. Immerhin zählt diese Aussicht laut einer Rangfolge der BBC zu den sechs schönsten auf der Welt.
„Bitte, bitte, alle hinsetzen“, fleht die Stimme von Ines über Bordlautsprecher, „die Brücke kommt gleich“. Das Sonnensegel liegt schon seit der letzten Schleuse flach. Wiederum ist vom Kapitän Millimeterarbeit gefordert, bevor er mit der Infante Don Henrique in Vega de Terrón einläuft.

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