Die Abenddämmerung bricht über den Wat-Xieng-Thong-Tempel herein. In orange Tücher gehüllt, sitzen zehn Mönche vor der Statue Buddhas auf einem Teppich. Einer betet singend vor, der Rest stimmt meditierend in die Melodie ein. Der Raum ist in gelbliches Licht getaucht, wie ein breiter Fluss strömt der Gesang hinaus in die Welt.
Besucher, die sich ein Stück mittragen lassen möchten, sind zur Gebetsstunde willkommen. Die Schuhe werden am Tempeleingang ausgezogen, mit überkreuzten Beinen setzt man sich so, dass die Fußsohlen respektvoll nach hinten weisen. Zwei Mal am Tag wird gebetet, jeweils um 4 und um 18 Uhr.
Wat Xieng Thong ist der größte Tempel in Luang Prabang, der alten Königsstadt an der Mündung des Nam-Khan-Flusses in den Mekong. Jahrhundertelang schlug hier das kulturelle und religiöse Herz von Laos. Die Mischung aus französischem Kolonialbaustil und alten Pagoden brachte der Stadt 1995 die Ernennung zum Unesco-Weltkulturerbe.
„Es geht darum, ganz bei sich zu sein. Hektik ist schlecht“, sinniert Sisouphanh Sinxay. Der 38-jährige dreifache Vater lebt in Luang Prabang, arbeitet hier als Fremdenführer und hat vor mehr als zehn Jahren selbst mehrere Monate als Mönch auf Zeit gelebt. „Ich habe gespürt, dass das richtig ist. Gut für das Karma.“
Schweigender Marsch
Wer etwas für sein eigenes Karma tun möchte und es rechtzeitig aus dem Bett schafft, kann den Mönchen täglich um 5.30 Uhr beim Thak Baat, dem Almosengang, begegnen. Schweigend ziehen sie mit umgehängten Gefäßen an den am Straßenrand sitzenden Stadtbewohnern vorbei. Diese legen Kügelchen aus gekochtem Klebreis in die Gefäße.
„Das ist das Essen für den Tag“, sagt Sinxay. Was auffällt: Keiner der Mönche bedankt sich. Es sind die Spender, die sich bedanken sollten. „Für die Möglichkeit, Gutes zu tun.“ Während Einheimische mit ihren Reistöpfen abseits in den Nebenstraßen sitzen, haben sich an der Hauptstraße längst Touristen breitgemacht. Thailänder und Chinesen hocken aufgefädelt an der Tempelmauer und verteilen Gaben.
Schiffsreise auf dem Mekong
Eine Idee von der Geschichte Luang Prabangs als Königsstadt bekommt man im Palastmuseum. Bis nach dem Ende des Vietnamkrieges 1975 die Volksrepublik Laos ausgerufen wurde, war hier der Sitz des Königs.
Davon zeugt nicht nur der im Museum ausgestellte Kunstschatz, sondern auch des Königs Fuhrpark – zu sehen in einem Nebenbau: Aufgereiht wie Schlachtschiffe parken hier mehrere weiße Lincolns. Auch wenn die Volksrepublik Vertreter der Königsfamilie in Umerziehungslagern verschwinden ließ, wird deren Hinterlassenschaft mit Strenge und Stolz gehütet und präsentiert: Taschen, Fotoapparate und sogar Handys der Besucher müssen ins Schließfach, grimmig dreinschauende Sicherheitskräfte patrouillieren übers Gelände.
Einen Blick über die Stadt gewährt der Phousi-Berg. 328 schweißtreibende Stufen führen nach oben zum Buddha-Schrein, der seit Generationen von derselben Familie gepflegt wird. Unten entfaltet sich die Stadt mit ihren belebten Straßen. Wie ein stiller Wächter liegt daneben der mächtige Mekong.