Innerhalb Europas haben Passagiere bei verspäteten Flügen erhebliche Entschädigungsansprüche. Das gilt auch für Direktflüge in Nicht-EU-Länder. Doch wie ist die Rechtslage bei einem Umstieg außerhalb Europas?
Flugreisenden steht auch bei der Verspätung von Anschlussflügen außerhalb Europas unter bestimmten Bedingungen eine Entschädigung zu. Zu dieser Einschätzung kommt der Europäische Gerichtshof in einem Grundsatzurteil vom Donnerstag. Wenn der Abflugsort innerhalb der EU liege und die Flüge Teil einer Buchung waren, änderten auch Zwischenlandungen außerhalb Europas nichts an bestehenden Ansprüchen, urteilten die Luxemburger Richter (Rechtssache C-537/17). Das höchste EU-Gericht stärkte damit einmal mehr die Rechte von Fluggästen.
Der Anlassfall
Im konkreten Fall kam eine Frau aus Deutschland mit rund vier Stunden Verspätung in Agadir in Marokko an. Sie hatte einen Flug mit einer marokkanischen Fluggesellschaft von Berlin nach Casablanca und von dort weiter nach Agadir gebucht. In Casablanca konnte sie ihren Anschlussflug nicht antreten, da ihr Platz schon anderweitig vergeben worden war.
Wegen der Verspätung hätte sie nach EU-Recht bei innereuropäischen Flügen und unter Umständen auch bei Direktflügen in beziehungsweise aus dem außereuropäischen Ausland Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Ab drei Stunden Verspätung stehen Passagieren laut EU-Recht in der Regel Entschädigungen zu.
Die marokkanische Airline hatte argumentiert, dass es sich bei dem Flug von Casablanca nach Agadir um einen innermarokkanischen Flug handle und deshalb die Ansprüche nicht gälten.
Die Argumentation der EuGH-Richter
Die EuGH-Richter legten allerdings dar, dass die beiden Flüge von Berlin nach Casablanca und von Casablanca nach Agadir Teil einer Buchung waren und damit als ein einziger Flug zu sehen seien - auch wenn bei einer planmäßigen Zwischenlandung außerhalb der EU das Flugzeug gewechselt wurde.
"Das sind sehr gute Nachrichten für Flugreisende und eine deutliche Stärkung des europäischen Verbraucherschutzes auch über die europäischen Grenzen hinaus", meinte der Grünen-Sprecher für Tourismuspolitik im Bundestag, Markus Tressel. "Mit dem Urteil hat der EuGH dem Aushöhlen der Fluggastrechte einen Riegel vorgeschoben und klargestellt, dass eine schlechte Planung vonseiten der Fluggesellschaften nicht zulasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern gehen darf."