Fünf nahe Städte – eine bezaubernde Reise in die vorweihnachtliche Einkehr. Von den mehr als 4000 deutschen Adventmärkten zählen die urigen Christkindl-Basare im Rhein-Neckar-Kreis und rund um den Odenwald zu den Geheimtipps.

Heidelberg. Die älteste Universität Deutschlands kennt fast jeder, das pompöse Schloss ist ebenso weltberühmt, und über das riesige Holzfass aus dem Jahre 1751, das mit 220.000 Liter Fassungsvermögen das weltgrößte Weinbehältnis sein soll, kann jeder Einheimische eine Geschichte erzählen. Seit 30 Jahren gehört auch der Weihnachtsmarkt zum winterlichen Stadtbild Heidelbergs. Der Lichterglanz erstrahlt begrenzt in genehmigten City-Zonen. Nur die zentrale „Hauptstraße“, mit 1,6 Kilometern die längste Einkaufs-Fußgängerzone Europas, und die sechs historischen Altstadtplätze sind mit dezenter Beleuchtung ausgestattet. „Wir wollen ein unkontrolliertes Lichtermeer und somit eine totale Amerikanisierung verhindern“, sagt Stadtführerin Susanne Kahlig. 140 Buden sorgen für stimmungsvolles Ambiente, der integrierte Eisplatz wurde jüngst zu Deutschlands „schönster Eislaufbahn“ gekürt. 100 Tannen und Pagodenzelte schmücken das „Heidelberger Winterwäldchen“ auf dem Kornmarkt, wo Konzerte und kulturelles Rahmenprogramm für Unterhaltung sorgen.

Weihnachtsmarkt in der Burg in Michelstadt
Weihnachtsmarkt in der Burg in Michelstadt © FOTOLIA

Michelstadt. Die 100 hölzernen Verkaufshäuschen, die die engen Gässchen rund um das Fachwerk-Rathaus aus dem Jahre 1484 mit einem weihnachtlichen Flair versehen, sind dem geschichtsträchtigen Ortskern der südhessischen Kleinstadt optisch angepasst. „Wir legen hier größten Wert auf handwerkliche Traditionen“, betont Historiker Michael Esterl. Lebensgroße Nussknackerfiguren sind Symbole des „Michelstädter Weihnachtsmarktes“ und bieten gleichzeitig Orientierung im Dickicht planloser Besucher. Holzbildhauer- und Drechslerarbeiten sind genauso Schmuckstücke wie die riesige Krippe mit Darstellung der Weihnachtsgeschichte im Hof der jahrhundertealten Kellerei. Dort dreht sich auch die sieben Meter hohe Weihnachtspyramide. Kulinarische Spezialitäten stammen durchwegs aus Erzeugnissen Odenwälder Landwirte, Naschkatzen kommen bei Bernd Siefert auf ihre Rechnung. Der 49-jährige Konditor-Weltmeister zählt zu den anerkanntesten Patissiers weltweit, sein Christstollen findet auch im fernen China reißenden Absatz.

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Lichtermeer beim „Erbacher Schlossweihnacht“
Lichtermeer beim „Erbacher Schlossweihnacht“ © FOTOLIA

Erbach. Das Ensemble aus Residenzschloss, Rathaus, Stadtkirche, Fachwerkhäusern und dem Lichtermeer der „Erbacher Schlossweihnacht“ entfacht besonderes Entzücken. Zwischen den 65 Ständen, die sich um das gräfliche Anwesen aus dem Hochmittelalter schmiegen, ragt einen turmhoher Weihnachtsbaum. Die beleuchtete Tanne zählt zu den größten Deutschlands. Die lodernden Fackeln an den Eingangsportalen des Schlosses werden jeden Abend von einem antik gekleideten Nachtwächter angezündet. Die Odenwälder Kreisstadt mit dem weltweit einzigen Elfenbeinmuseum und der renommierten Mammut-Werkstätte besticht auch durch ihre Töpferkunst. Die „Odenwälder Kunsttöpferei“ blickt auf eine 400-jährige Firmengeschichte zurück. Meister Bernd Dönig und Keramiktechniker Tobias Dönig pflegen heute noch die Handwerkskunst ihrer Vorfahren und produzieren u. a. die kunstvoll gestalteten Trinkbecher für die Weihnachtsmärkte.

Stöbern am Sternschnuppenmarkt: Die Kurstadt Wiesbaden erstrahlt im Advent in Blau und Gold
Stöbern am Sternschnuppenmarkt: Die Kurstadt Wiesbaden erstrahlt im Advent in Blau und Gold © FOTOLIA

Wiesbaden. Warum aus dem ehemaligen Wiesbadener Adventmarkt der „Sternschnuppenmarkt“ wurde? Die inoffizielle Argumentation heißt Political Correctness, hinter vorgehaltener Hand spricht man allerdings vom „Kniefall“ vor den schwerreichen Arabern, die in der Kurstadt enorme Summen ausgeben. Seit der Umbenennung stöbern immer mehr betuchte Scheichs samt Großfamilien bei den 130 in den Stadtfarben Blau und Gold gehaltenen Ständen. Die Einheitlichkeit ist das Markenzeichen der Wiesbadener Weihnachtslandschaft. Nicht nur der 30 Meter hohe Christbaum mit seinen 1000 Schleifen und 3000 Birnen, auch die Krippe davor erregt Aufmerksamkeit. Jede lebensgroße Holzfigur ist ein Einzelstück des Bremthaler Herrgottschnitzers Hans-Albert Herrmann. Für kulturelle Abwechslung sorgen Krippenspiele, Turmbläser, Chöre und Märchenerzähler. Unweit vom Kurhaus wird am „Warmen Damm“ eisgelaufen. Die Eisfläche säumen „Almhütten“, Punsch- und Glühweinbuden.

Von Rüdesheim aus gibt es Adventtouren auf dem Rhein
Von Rüdesheim aus gibt es Adventtouren auf dem Rhein © KK

Rüdesheim. Farben und Festlichkeit aus aller Herren Länder, Rebholz- und Bratenduft, Lebkuchen, Geschichten aus alter Zeit und Genuss – das ist der reizende „Rüdesheimer Weihnachtsmarkt der Nationen“. 124 Verkaufsstände von mehr als 20 Nationen von fünf Kontinenten bieten kulinarische Spezialitäten und Bräuche aus ihrer Heimat. Glasbläser, Zinngießer, Porzellanmaler, Laternenbauer und Puppenmacher zeigen ihr Handwerk, „Little Lappland“ offeriert Rentiersuppen und warme Lachsbrote, im „Welcome to Mongolia“-Zelt wird Kleidung aus Kaschmir feilgeboten, Kenia ist mit einigen Massai vertreten. Schon die Anfahrt ist extravagant: Mit der Seilbahn geht’s von den Höhen des Niederwalds über die Weinberge mitten ins Festgelände.