Bei einer antiker Miss-Wahl wäre die Krone wohl nach Kythira gegangen. Die Liebesgöttin Aphrodite schritt hier aus dem Meer. Das Erste, was sie von der Welt sah, waren die weiten Strände und grünen Hügeln der griechischen Insel. Die Schönheit Helena rastete auf ihrer Flucht nach Troja wiederum auf einem der Sandstrände Kythiras. So erzählen es die Mythen.

Junger Bäcker: Pavlos Coroneos
Junger Bäcker: Pavlos Coroneos © KLZ/Macher

Warum die alten Griechen zwei ihrer größten Schönheiten gerade auf diese kleine Insel schickten, ist für die Bewohner Kythiras kein Mysterium.„Sie ist magisch; eine eigene Welt, die viele nicht mehr loslässt“, sagt Pavlos Coroneos. Der junge Mann mit dem kecken Bart steht in der alten Ölivenöl-Fabrik seines Großvaters im Norden der Insel. Hier wurde Pavlos von der Magie seiner Heimat wieder eingefangen: „Ich bin zurückgekommen, um aus der Fabrik meines Großvaters etwas Neues zu machen. Das war immer mein Traum.“ In Athen hatte Pavlos wie so viele junge Griechen keine Arbeit gefunden. Zurück auf der Insel eröffnete er mit seinem Vater eine Bäckerei. Wo sein Großvater einst Olivenöl presste, duftet es jetzt nach frischen Broten. So wie Pavlos sind in den vergangenen Jahren viele junge Insulaner wieder in Kythira gelandet. Die Wirtschaftskrise hat sie zurück auf die 4000-Seelen-Insel gespült. Jetzt führen sie Touristen auf Canyoning-Touren durch die Wasserfälle und Schluchten von Mylopotamos, zeigen ihnen die von Blumen und weißen Häusern umrahmte Bucht von Avlemonas, oder eröffnen Geschäfte im Zentrum von Potamos. „Wir sind dankbar, dass die Jungen wiederkommen. Sie bringen neue Ideen mit“, sagt Kalliopi Karidi, die selbst vor über 20 Jahren aus Athen zurückkehrte und seitdem ein Restaurant führt.

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Die neuen Ideen sollen mehr Gäste auf die touristisch wenig bekannte Insel locken. „Kythira ist perfekt für Ferien mit der Familie. Wir sind eine grüne und saubere Insel mit vielen kulturellen Sehenwürdigkeiten“, sagt Eustathios Harhalakis, der Bürgermeister der Kommune. Denn nicht nur Aphrodite und Helena kamen einst nach Kythira. Die Byzantiner, die Venezianer, die Franzosen: Alle waren sie hier. Und haben Spuren hinterlassen.

Im Süden thront über der Hauptstadt Chora eine venezianische Burg. Im Westen ragt der Turm des orthodoxen Klosters Panagia Myrtidiotissa aus den grünen Hügeln hervor. Schätze wie die berühmte Marienikone des Klosters werden hinter schweren Kirchentüren gehütet. Denn oft beschossen und plünderten Piraten die Insel. Bis heute erzählt man sich auf Kythira Schauriges über den osmanischen Korsar Khair ad-Din Barbarossa. Die abenteurlichen Geschichten, die hohen Klippen, die verborgenen Buchten und Höhlen: Kythira hat Maler wie Jean-Antoine Watteau und Dichter wie Charles Baudelaire inspiriert. Wer sehen will, warum diese Insel Götter und Poeten anlockt, sollte sie besuchen. Aber Vorsicht: Wenn dich der Zauber Kythiras einmal packt, lässt er dich nur schwer wieder los.