Eine Kreuzfahrt, eine Zugfahrt durch Thailand oder doch lieber die Bayreuther Festspiele? Die deutsch-schweizerische Dramatikerin und Schriftstellerin Sibylle Berg hat über die Jahre hinweg bei Reisen quer durch die Welt jede Menge Eindrücke gesammelt. In ihrem aktuellen Buch "Wunderbare Jahre. Als wir noch die Welt bereisten" sind einige davon verarbeitet.

Scharf pointiert und zynisch - diesen Schreibstil ist man von Berg gewohnt. Und sie liefert dieses Mal wieder. Eine Art Prolog: "In den Synapsen stecken immer noch Bilder von früher. Von reizenden Reisen. Da einem, außer einer Darmgrippe, nichts passieren konnte." Das Buch dreht sich darum, dass die Welt nicht mehr die ist, die sie einmal war und sich deshalb auch das Reisen verändert hat. "Und neu im Programm: Die Terroranschläge, die Unsicherheit...".

Die blanke nackte Wahrheit

Also wie war denn das früher? Die heile Welt gibt es bei Berg jedenfalls nicht. In ihren Reiseerlebnissen kommt Verkorkstes mit der blanken nackten Wahrheit und treffend Beobachtetem zusammen. Mal gibt Berg Einblicke in eine Journalistenreise nach Mazedonien im Jahr 1999 wegen des Kosovo-Kriegs. "In den leeren Einkaufspassagen der Hauptstadt laufen Mädchen mit Rollerblades, niemand sagt ein Wort, und irgendetwas stimmt nicht."

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Mal geht es um eine Zugfahrt durch Thailand im Jahr 2009 - das Kapitel ist so überschrieben: "Bedroht durch Gesäße". Berg führt ein: "Es gibt einen Konsens mittelständischer Bildungsbürgerträume, zu dem zählen der Besuch der Chinesischen Mauer, einmal Nibelungen in Bayreuth, die Liebe zu Frankreich und eine Reise mit dem Orient-Express. Danach kann man sterben."

Die 54 Jahre alte Schriftstellerin und "Spiegel"-Kolumnistin schreibt immer wieder in der Ich-Form. Schöne Begleitung: Das Buch ist durch Illustrationen von Isabel Kreitz angereichert. Dem Carl Hanser Verlag in München zufolge schrieb Berg die Reiseberichte über mehrere Jahre. Teilweise seien sie auch schon zu früheren Zeitpunkten veröffentlicht worden. Im Buch wurden sie nun gebündelt. Dafür habe die Autorin die einzelnen Texte überarbeitet, aktualisiert und angereichert. Berg verfasste dazu kleine Sequenzen, die ihren Reisenotizen angefügt und im Buch mit "P.S." eingeleitet werden. Es sind Nachrichten etwa zur politischen Lage der betreffenden Region in den Jahren nach Bergs jeweiligem Reiseerlebnis.

Bislang gibt es nach Verlagsangaben noch kein neues Buchprojekt von Sibylle Berg. "Wunderbare Jahre" folgte auf Bergs Roman "Der Tag, als meine Frau einen Mann fand". Darin geht es um eine Beziehung, die fast 20 Jahre auf dem Buckel hat. Als die Frau einen anderen Mann kennenlernt, nimmt die Ehe eine Wende.