Das Hotel de Ville ist natürlich nicht das Stadthotel, sondern das Rathaus - und gleich ums Eck der Place Jean Marcellin mit seinen Cafés und Restaurants und, wenn man Glück hat, dem Wochenmarkt. Alles ideal, um sich in diesem Teil Europas erst einmal zu akklimatisieren. Je nach Windrichtung umfängt einen die kühle Luft der Hautes-Alpes mit ihren Drei- und Viertausendern oder das betörende Aroma von Lavendel oder Oliven- und Mandelbäumen aus der Haute Provence.
Was sofort auffällt, ist die Höflichkeit der Menschen. Kaum ein Satz ohne "Monsieur" oder "Madame", ohne "S'il vous plaît" (bitte) oder "Merci" (danke). Am Nachbartisch ein Gespräch über das Mittagessen, über die Zutaten, deren Qualität und Herkunft. Frankreich-Klischees in Echtzeit. Auffallend auch: die Vielzahl an kleinen und manchmal winzigen Geschäften, die der Altstadt Farbe verleihen. Von Mode bis Schmuck, von Brot bis Gemüse.
Der lange Weg vom römerzeitlichen Vapincum bis zur heutigen rund 40.000 Einwohner zählenden Stadt manifestiert sich an allen Ecken und Enden. Die Cathédrale steht am gleichen Platz wie der Apollo-Tempel aus vorchristlicher Zeit. Die sich kreuzenden Hauptstraßen stammen letztendlich aus dem Jahre 10 n. Chr., als die Römer die "Via Cottia" und die "Via Domitia" hier durch die Westalpen errichteten. Einige Jahrhunderte später kam auch Napoleon Bonaparte nach seiner Flucht von Elba - auf dem Weg zurück nach Paris - hier durch. Bald danach (1847) gestaltete der Friulaner Giandomenico Facchina die Mosaike in der Kathedrale.
Wer die lange Anreise über Verona und (wahlweise) Turin oder Cuneo hinter sich gebracht hat, sollte dies auch ausgiebig nützen. Die geografische Lage macht Gap zum idealen Ausgangspunkt für Ausflüge zum nahe gelegenen Stausee Lac de Serre-Ponçon, in den Nationalpark Les Ecrins oder in die Provence.
Auch wenn man sich nur einen Tag in Gap aufhält, sollten drei Besuche unbedingt auf der persönlichen Liste stehen. Wie zum Beispiel das Musée Départemental in der Avenue Maréchal Foch mit seinen kunst- und kulturhistorischen Sammlungen zur Geschichte der Stadt und der Region. Besonders sehenswert: die Ausstellung keramischer Produkte aus mehreren Jahrhunderten.
Die Domaine de Charance, der ehemalige Bischofssitz mit seinen Parkanlagen, beherbergt das gleichnamige nationale Botanische Institut und das Zentrum des Nationalparks Les Ecrins. Auf den unterhalb des Gebäudekomplexes angelegten Terrassen gedeiht ein Geschenk der "Alpenstadt des Jahres 2000", Maribor: ein Ableger der ältesten Weinrebe der Welt. Mit Blick auf das zu Füßen liegende Gap lässt sich hier ein Nachmittag verbringen.
Ein Stück höher, auf dem Pass in Richtung Grenoble, wartet die Laiterie du Col Bayard, das "Käseparadies". 60 Sorten stehen zum Verkauf oder, im angeschlossenen Restaurant, zum Genuss bereit. Perfekt: das Degustationsmenü. Dabei wählt man zwischen sechs und zehn verschiedenen Sorten, die in ansteigender Reihenfolge (mild bis würzig) serviert werden. GERHARD LEEB