„Irgendwie sieht das ganz schön braun und grau aus“, denkt man beim Anflug, wenn man einen Fensterplatz ergattern konnte, oder zumindest einen Blick über den Sitz des Nachbarn nach draußen erhaschen kann. Enttäuschung macht sich breit, freute man sich doch auf grüne Landschaften, pinke Blumen und vor allem das türkisblaue Wasser. Wurde hier also doch auch ein Photoshop-Filter verwendet? Instagram und Co. ist alles zuzutrauen.

Wenn man kurz darauf das Gefühl hat, gleich direkt auf dem – jetzt schon deutlich türkiser wirkenden – Wasser zu landen, versucht man sich daran zu erinnern, was man alles über die drittgrößte Insel des Mittelmeeres weiß. Die griechische Göttin der Liebe Aphrodite soll einst der Legende nach hier aus dem Meer gestiegen sein. Daher auch der Beiname Zyperns: Insel der Liebe. Sonnenanbeter können hier bis spät in den Herbst dem grauen, nassen Wetter Österreichs entfliehen und sogar im Oktober noch im Meer baden. Man denkt an griechische Kultureinflüsse, mediterranes Essen und natürlich: Halloumi.

Innerhalb kürzester Zeit ist der Gedanke an triste Braun- und Grautöne Geschichte, diese finden sich höchstens in Form eindrucksvoller Felsformationen an den Küsten und bilden den perfekten farblichen Kontrast zu blauem Himmel und türkisem Meer – gänzlich ohne Photoshopfilter. Das ohne Übertreibung glasklare Wasser lädt ein, sich kurz wie Aphrodite selbst zu fühlen. 76 Strände wurden mit der Blauen Fahne ausgezeichnet, das Wasser gilt als das sauberste in ganz Europa. Wer sich beim Schnorcheln oder Tauchen auf Entdeckungstour begeben möchte, dem sei das Musan Unterwassermuseum in Ayia Napa ans Herz gelegt. 93 Skulpturen in Form von Menschen und Bäumen versenkte der Künstler Jason deCaires Taylor am Meeresgrund in bis zu zehn Metern Tiefe.

Skilifte auf 2000 Metern Höhe

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Zypern lohnt sich aber nicht nur wegen des Meeres, auch ein Besuch ins Landesinnere sollte auf dem Programm stehen. Was überrascht: Im Winter kann man mit ein bisschen Glück zum Skifahren kommen. Im Troodos-Gebirge warten auf rund 2000 Metern Pisten und Skilifte. Wem eine geführte Bustour nicht liegt, kommt mit einem Mietauto weiter. Diese haben eine rote Nummerntafel. „Dann sind gleich einmal alle Verkehrsteilnehmer gewarnt, dass sich jemand nicht auskennt“, erzählt man lachend.

Lefkara liegt am Fuße des Troodos. Das Dorf zeigt die „echte Seite der Insel“, wie man sagt. Streunt man durch die Gassen, entdeckt man an jeder Ecke etwas Neues. Bereits Leonardo da Vinci besuchte das Dorf im 15. Jahrhundert und brachte die bekannte Lefkara-Spitze mit nach Italien. Sie inspirierte ihn beim Malen der Tischdecke des Letzten Abendmahls. Eine Bewohnerin des Dorfes interpretierte sie neu. Aphrodite, so der Name der quirligen Frau, stellt in ihrem kleinen Café Kekse her, die von ihr mit dem Stickmuster verziert werden. Wer möchte, kann sich selbst als Künstlerin oder Künstler versuchen und die süßen Gebäckstücke zu individuellen Einzelstücken verwandeln.

Kein „Quietschekäse“

Kulinarisch wird es auch im nahen Choirokoitia, einem Dorf mit noch verwinkelteren Gassen als Lefkara, bei Petros. In einem alten traditionellen Haus aus dem Jahr 1850 kann man sich an der Herstellung eines Halloumis versuchen. „Der Name ist seit ein paar Jahren geschützt, nur Halloumi aus Zypern darf sich auch so nennen“, erklärt er. „Quietschekäse“ höre man hier nicht gerne, denn damit habe das beliebte Produkt aus Ziegen- oder Schafsmilch nichts zu tun. Er schmeckt übrigens herrlich, wie auch alle anderen Köstlichkeiten der Insel. Und egal ob Fisch, Fleisch oder vegetarisch: Satt wird man hier mit all den farbenfrohen, vielfältigen Speisen auf jeden Fall. Farbenfroh sind auch Petros‘ Flechtarbeiten. Körbe, Untersetzer und Schalen in Violett-, Türkis- und Pinktönen fertigt der Zyprer „am Abend beim Fernsehen“ an.

Weiter geht es nach Larnaka. Bei Pan und dessen Frau Deena lernt man in einem fast 150 Jahre alten Haus die Zubereitung des beliebtesten Cocktails der Insel, eines Brandy Sours. „Laut Legende wurde der erstmals in den 1950er-Jahren für einen ägyptischen König gemixt. Dieser durfte aus religiösen Gründen keinen Alkohol trinken und verlangte nach einem Cocktail, der aussehen sollte wie Limonade.“

Am Ende der Reise, beim Blick aus dem Flugzeugfenster, lässt man die von oben betrachtet graue und braune Insel zurück, denkt an türkisblaues Wasser, pinke Blumen und grüne Felder. Vor allem aber fliegt man mit Gedanken an die wahren Farben dieses Landes zurück: dessen stolze, authentische Menschen, die Besucherinnen und Besucher mit Freundlichkeit empfangen und ihnen die zyprische Kultur – ob traditionell oder modern, ob Kunst oder Kulinarik – mit viel Herz näherbringen wollen.