Man kennt ihre Namen und die Gründe, warum sie engagiert wurden: Am 13. April 1824 traten Franz Šibenik und Josip Vesel ihren Job als erste Höhlenführer durch die Adelsberger Grotte an. Šibenik konnte gut lesen und schreiben, während Vesel gut Deutsch sprach. Viele Generationen und einige Länderwechsel später - das habsburgische Adelsberg heißt längst Postojna und liegt in Slowenien - sind die Anforderungen andere, aber den seltenen Beruf gibt es noch immer.
50 hauptberufliche Höhlenführer zeigen den Besuchern die wunderbare Unterwelt und bringen auch in eigener Sache Licht ins Dunkel. Zum 200-Jahr-Jubiläum der Profession ist den Reiseleitern durch das größte für Touristen erschlossene „Loch“ Europas eine Ausstellung im Freigelände gewidmet.
Ehemalige Mathematik- und Geschichtelehrer, Biologen, ein Elektroingenieur, IT- und Multimedia-Spezialisten: Was ihren Werdegang betrifft, sind die Šibeniks und Vesels von heute ein bunt zusammengewürfelter Haufen mit drei Konstanten. Alle sprechen mehrere Fremdsprachen (manche bis zu fünf), haben die in Slowenien strenge Ausbildung zum Höhlenführer absolviert und sind stolz auf ihren Job. „Es ist eine Ehre, Menschen dieses Paradies jeden Tag zeigen zu dürfen“, sagt Höhlenführerin Anja Škarabot und spielt damit auf die Geschichte von Luka Čeč an.
„Hier ist das Paradies“
Čeč war 1818 Lichtwart in der damals nur für ausgewählte Gäste geöffneten und im heutigen Ausgangsbereich erschlossenen Adelsberger Grotte. Bei der Vorbereitung für einen Besuch des österreichischen Kaisers Franz I. entdeckte er die weitaus größeren und seither weltberühmten Höhlenteile. Davon berichtet Čeč nach seiner Rückkehr aus der Dunkelheit mit einem Satz, den jeder Höhlenführer im Schlaf aufsagen kann: „Hier ist eine neue Welt, hier ist das Paradies!“
Ins Paradies fahren Besucher - insgesamt 42 Millionen waren es in den vergangenen 200 Jahren - mittlerweile mit einem eigenen unterirdischen Zug. Škarabot ist seit kurzem die erste weibliche Höhlenlokführerin. „Ich weiß auch nicht, warum sich das nicht schon früher ergeben hat“, kommentiert die 31-Jährige ihre späte Vorreiterrolle. „Höhlenführerinnen gibt es ja schon seit 50 Jahren.“
Schwerwiegende Gründe
Dass in den Anfangsjahren nur Männer zum Einsatz kamen, hatte schwerwiegende Gründe: Auf den 1872 verlegten ersten Gleisen mussten die Wagen - sie hatten maximal vier Insassen - mit bloßer Muskelkraft von je zwei Höhlenführern geschoben werden. 1923 wurde auf Diesel-, 1956 auf E-Loks umgestellt. „Sie fahren auf der 3,7 Kilometer langen Strecke maximal zwölf km/h“, erklärt Škarabot. Auf Besucher wirkt die Geschwindigkeit wegen der in unmittelbarer Nähe vorbeirauschenden Felswände und Tropfsteine aber weitaus höher.
Apropos Besucher: Als studierte Kulturanthropologin liebt die Höhlenführerin die Gespräche mit ihren Gästen. Gibt es viele blöde Fragen? „Manchmal will jemand wissen, ob Tropfsteine salzig schmecken.“ Das ist aufgrund der Kalkablagerungen natürlich nicht der Fall, obwohl es Škarabot nie ausprobiert hat. „Auch nicht heimlich“, wie sie klarstellt. Es ist streng verboten, die Tropfsteine anzufassen. Für alle.