Montalcino! Stadt des Brunello! 210.000 Fremde haben Dich letztes Jahr auf Deinem Berg oben besucht. Aber Du hast nur eine „colonnina di ricarica“, zu Deutsch Ladesäulchen, aber immerhin mit zwei Steckern. Der zentrale Parkplatz bei der Fortezza war zum Bersten voll, aber für uns war der eine grüne Parkplatz und die eine Steckdose frei. Was für ein Glück!

Leider hat mein Strom-Hauptanbieter mit dem orangen App-Logo mit dieser einen Ladesäule keinen Vertrag, aber dafür mit 600.000 anderen. Also muss mein Notanbieter mit dem weißen Logo einspringen. Leider habe ich da keine Ladekarte, sondern nur die App. Also: den QR-Code hinter der in der Sonne blitzenden Schutzfolie mit dem Handy scannen. Zehn Mal Fehlanzeige.

Dann entdecke ich einen kleinen Hinweis am Handy, eine Direktanwahl der Ladesäule wäre auch möglich. Aha, kurz nachgedacht, ich tippe auf der Landkarte am Handy auf das Ladesäulensymbol, und da erscheint eine lange Identifikationsnummer. Die Chance ist 50:50, dass ich den freien Stecker erwische, draufgetippt, und siehe da, die Colonnina fängt an blau zu blinken.

Was für ein Glück! Und jetzt beachten: L-A-A-L! Kabel zuerst an die Ladesäule anschließen, dann ans Auto. Beim Abstecken umgekehrt, sonst kriegt man vielleicht das Kabel nicht raus. Ist mir in Wien passiert, eines Tages um 16.05 Uhr. Die Uhrzeit ist wichtig, da der Betreiber Wien-Energie die Fernbetreuung der Ladesäule um 16 Uhr einstellt. Bei der Wallbox am Haus ist’s übrigens anders: A-L-A-L.

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„Trauen Sie sich, nach Italien zu fahren“

So, jetzt geht’s zum Weinkaufen. Aber den Akku ja nicht bis 100 Prozent laden. Von Montalcino aus geht’s in alle Richtungen abwärts, da rekuperiert man gut 4 Prozent. Was passiert dann eigentlich bei 104 Prozent Ladestand?

Ich bin erst vor kurzem in die Welt der Elektromobilität eingetaucht. Der Wagen gleitet beinahe lautlos dahin, ein feines Fahrgefühl, Power satt, wenn man’s braucht und elegant rekuperieren statt bremsen. Beim Sommerreifenaufziehen fragte mich der Verkäufer beim Autohändler: „Trauen Sie sich, mit dem Auto nach Italien zu fahren?“ – „Klar, nächste Woche geht’s nach Montalcino!“, habe ich gesagt.

Da sind wir nun. Die Anreise ist problemlos, ich habe mir Schnelllader entlang der Autostrada rausgesucht: natürlich mit einer Bar in der Nähe. Ich fahre mit großer Reserve, daher ist die Batterie nach 20 Minuten voll, der Cappuccino getrunken und bezahlt. Auch beim zweiten Mal. Ich lade lieber früher und kürzer, dafür zweimal. 30 Prozent Reserve sind ja ganz gut für ungeplante Abstecher auf 650 Kilometern oder zur Weiterfahrt bei besetzten Ladestationen. Zwei Pausen hab ich früher mit dem Diesel auch gemacht.

Vorsichtshalber habe ich auch bei unserem Agriturismo angefragt, ob ich ein Elektroauto laden könnte? „Kein Problem, ich habe selber ein Elektroauto“, meinte Simone am Telefon, der übrigens gemeinsam mit seiner Frau fantastisch kocht. Nachdem er mir vor Ort erzählt hat, dass er nicht hier wohnt und sein Auto zu Hause lädt, zeigt er mir die Haushaltssteckdose am improvisierten Carport. Für solche Fälle habe ich mir extra eine Mikro-Wallbox für Haushaltssteckdosen gekauft. Aber leider, die funktioniert nur in senkrechter Position und die zwei Löcher der italienischen 70er-Jahre-Dose sind zu eng.

Die versteckte Colonnina

Macht nichts, es gibt auch im nahen Pienza eine (einzige und langsame) Colonnina. Hinter der Post. Schwer zu finden und deshalb meist frei. Und man hat vier Stunden Zeit für einen Spaziergang durch die alte Renaissancestadt, den Ausblick ins Val d‘Orcia, eine gemäßigte Weinverkostung und ein Bistecca Fiorentina.

Nie mehr möchte ich zurücktauschen und Diesel fahren. Laden ist spannend und entspannend. Und irgendwann wird es so sein wie bei einer Tankstelle. Transparente Preise und zahlen mit der Bankomatkarte. Und noch ein Tipp: Falls man das Kabel nach dem Laden nicht aus dem Fahrzeug kriegt, mit dem Autoschlüssel noch einmal entriegeln.