In Riazzino hat Mario Matasci sein Paradies gefunden. Und er lässt Einheimische wie Touristen daran teilhaben. Am Sonntag öffnet er sein Privatmuseum, „Il Deposito“, von 14 Uhr bis 18 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Klassische Musik durchdringt die Räume. Das Museum nahe Locarno ist Kunstort, Genussstätte, Rückzugsort. „Es muss sein, wie in einer Kirche“, sagt Matasci.
Valerio ist seine „rechte und linke Hand, und mein Hirn“. Er rahmt jedes Bild, schreibt gemeinsam mit Matasci die Texte, komponiert den Katalog. Alle vier Monate kuratieren die beiden die Ausstellung neu. Eine Auswahl von 2000 Bildern, viele von Künstlern aus der Region, aber auch andere. Käthe Kollwitz ist Matascis Leidenschaft: 50 Werke hat er von ihr, „dafür habe ich 40 Jahre lang gebraucht“.
Die Prominenz am Lago Maggiore
Zurück in Locarno. Der Ort hat sich zwölf Monate im Jahr dem Familienurlaub verschrieben, aber im August geben sich auch Filmschaffende hier ein Stelldichein. Seit 1946 findet am Lago Maggiore das alljährliche Filmfestival statt. Die Streifen flimmern über eine riesige Freilichtbühne auf der Piazza Grande. Im Juli lockt das „Moon & Stars Festival“ zehntausende Rock- und Popfans in die Stadt im Tessin. Treffpunkt für alle ist der berühmte Kamelienpark. Hier sind die Blüten die Stars – in allen Schattierungen und mit betörendem Duft.
Zwischen Locarno und Ascona gibt es mehr als 200 Hotels, die meisten in überschaubarer Größe. 2300 Sonnenstunden im Jahr sind ein gutes Argument für einen Urlaub in der Schweizer Region Tessin, an der von Platanen gesäumten Seepromenade in Ascona lässt es sich aushalten. Sie ist der Ort, an dem sich einerseits die Jüngeren, andererseits auch die Jazz-Fans beim „JazzAscona“-Festival begegnen.
Künstlerkolonie und schwimmende Gärten
Hoch über Locarno und Ascona liegt der Monte Verità. Die Künstlerkolonie in der Casa Selma entstand dort Anfang des 20. Jahrhunderts, sie stand für therapeutische Nacktheit, für vegane Ernährung, für Expressionismus in der Kunst, aber auch für die Hingabe an die Natur. Einst gaben sich am Monte Verità berühmte Künstler die Klinke in die Hand, heute wird einmal pro Woche in der Casa del Tè die Zubereitung des Tees nach allen Regeln der Kunst zelebriert.
Vor Ascona liegen die schwimmenden Gärten, die Brissago-Inseln. Die deutsch-russische Baronin Antoinette de Saint Léger erschuf den Garten Eden mit seinen mehr als 1700 exotischen Pflanzen. Sie verarmte, der Warenhausmillionär Max Emden kaufte die Inseln und baute die Villa Emden, in der es sich nach dem Spaziergang vortrefflich speisen lässt.
Auf Schienen zur dritten schönen Schwester
Erst seit dreieinhalb Jahren gibt es den Ceneri-Basistunnel, und der führt auf direktem Wege von Locarno an den Luganer See. Mit dem Ticino-Ticket hat man freie Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr. Die Verbindungen mit Bus und Bahn auch in abgelegenere Seitentäler sind gut. Lugano ist die noble Schwester von Locarno und Ascona, und auch hier wird Kultur ganz großgeschrieben – das architektonisch bemerkenswerte Museum LAC (Lugano Arte e Cultura), betrieben von einer Stiftung, ist eines der jüngsten Kinder der Stadt. Nirgendwo gibt es so viele gemeinnützige Stiftungen wie im Tessin.
Dem Reiz der drei schönen Schwestern Locarno, Ascona und Lugano kann man sich kaum entziehen. Hermann Hesse kam nie wieder von seiner Tessin-Sehnsucht los. Er wird nicht der Einzige bleiben.
Claudia Gigler