Als Wolfram Guhl Mitte der 1970er-Jahre mit einem Freund Jugoslawien bereiste, galten die Karawanken als das „Ende der Alpen“: „Kaum vorstellbar, dass sich jenseits, im damals kommunistischen Ausland, noch eine Bergregion von fast paradiesischer Schönheit erstreckt.“ Er meinte die Julischen Alpen.
Guhl und sein Freund waren mit einem alten Auto unterwegs. „Nicht zuletzt zur Regeneration des schon etwas betagten Gefährts legten wir mehrere Stopps ein. Einer davon war bei Gozd Martuljek.“ Wenn sich der Deutsche heute daran erinnert, kommt er noch immer ins Schwärmen: „Wir stiegen aus und bestaunten eine Landschaft, die wir hier nicht erwartet hatten, wild und lieblich zugleich.“
Eine Wunderlandschaft
Guhl, der heute in Ismaning bei München lebt, hat in dem Buch „Nationalpark Triglav, Soča & Isonzo“ seiner Begeisterung für dieses Gebiet freien Lauf gelassen und präsentiert eine Wunderlandschaft mit Wasserfällen, Flüssen und wildromantischen Gebirgslandschaften. Gozd Martuljek eignet sich gut als Aufwärmtraining, zum Beispiel für den höchsten Berg Sloweniens: den Triglav (2864 Meter). Dreieinhalb Stunden dauert der Aufstieg (Start ist das Hotel Triangel) von dem Örtchen, das nur wenige Kilometer östlich von Kranjska Gora liegt. Ziel ist ein Wasserfall. Die Landschaft ist heute noch so zauberhaft, wie sie Guhl in den 70ern erlebte: „Wir stiegen damals durch eine Klamm unterhalb eines Wasserfalls und stiegen hinauf zu einer kleinen Alm, eingebettet in Mischwälder mit hohem Laubholzanteil.“ Hinter dem Örtchen ragen der Špik (2473 Meter) oder die Škrlatica (2740 Meter) auf. Auf dem Weg zur Alm sieht man den Martuljek-Wasserfall oder gelangt zur Mama Lipa (Mutter Linde). Guhl zeigt sich in seinem Buch nicht nur als profunder Kenner der Gegend, er versteht es auch, Flora, Fauna oder Geschichtliches zu erklären. Auf der Martuljek-Alm wird man nämlich im späten Frühjahr Orchideen entdecken oder eine der größten europäischen Libellenarten, die Gestreifte Quelljungfer, bewundern können.
„Unversehrte Landschaft“
Die Bergwelt hat es Guhl angetan, aber auch die „insgesamt noch weitgehend unversehrte Landschaft mit ihren naturnahen Mischwäldern und teilweise noch bunten Wiesen in den Tälern“. Auch wenn, wie Guhl bemerkt, auch hier an den Wochenenden der Tourismus Fahrt aufgenommen hat, ist die Gegend „nicht touristisch überprägt“. Auch der Kontrast zwischen alpenländisch geprägtem Norden und Osten sowie dem mediterranen Einfluss reizt.
Nicht unerwähnt darf die Soča bleiben: „Der schönste Fluss Europas“, wie ihn der Schriftsteller und Alpinist Julius Kugy (1858 bis 1944) nannte. Das Buch lädt ein zu 25 Touren (mit dem Rad, zu Fuß oder mit dem Auto), der Soča-Weg ist eine davon. 25 Kilometer von der Quelle (Startpunkt ist die Hütte Koča pri izviru Soče) bis nach Bovec. Apropos Hütten: in Slowenien gibt es eine ganze Reihe davon, die mit ihrem türkischen Kaffee oder den berühmten Štruklji aufwarten – letztere gibt es in unzähligen Varianten, zum Beispiel als mit Topfen gefüllte Teigtaschen, die mit Zucker und Preiselbeermarmelade serviert werden. Der Nationalpark Triglav ist wahrlich eine Welt, die es heute noch zu entdecken gilt – ob man gerne wandert, mit dem Fahrrad fährt oder sich in das Wasser der Soča wagt.