Die malerische Halong-Bucht zählt zu den Haupttouristenzielen Vietnams, allein im vergangenen Jahr zog sie mehr als sieben Millionen Besucher an. Der Ansturm hat jedoch seine Kehrseiten: Müllberge und die rasant anwachsende Stadt Halong belasten das sensible Ökosystem des für seine Kalksteininseln berühmten Welterbes. Dass nun am Rand der Bucht ein riesiger Wohn- und Hotelkomplex entsteht, sorgte am Montag für scharfe Proteste.
Die staatliche Zeitung „Tien Phong“ hatte am Sonntag Fotos einer riesigen Baustelle in der Bai-Tu-Long-Bucht veröffentlicht, in einem nach ihren Angaben von der Unesco zur „Pufferzone“ der Halong-Bucht erklärten Gebiet. Nach der Fertigstellung wird der über 318.000 Quadratmeter große Komplex laut dem Bericht unter anderem 451 Villen und Häuser sowie mehrere siebenstöckige Hotels beherbergen. Das Projekt wurde demnach bereits 2021 genehmigt.
Projekt auf dem Prüfstand
Der ehemalige Vize-Chef der Kulturerbe-Abteilung im vietnamesischen Kulturministerium, Truong Quoc Binh, kritisierte das Projekt des Unternehmens Do Gia Capital Limited Company scharf. Mit ihm würden die Schutzbegrenzungen der Halong-Bucht ernsthaft verletzt, sagte er der Zeitung. Der renommierte Geschichtsforscher Nguyen Xuan Dien bezeichnete die Pläne als „direkte Bedrohung“ des Welterbes. Die Kalkstein-Inseln würden zu „Spielzeugen für Neureiche“, kritisierte er auf Facebook. Sein Kommentar wurde tausendfach geteilt und „geliket“.
Die Behörden der benachbarten Stadt Cam Pha erklärten daraufhin aufgeschreckt, sie hätten den Investor gebeten, die Arbeiten auf der Baustelle ruhen zu lassen. Noch vor dem 10. November werde das Gebiet einer genauen Inspektion unterzogen. Der Vietnam-Ableger der Unesco und die Leitung der Halong-Bucht-Verwaltung reagierten zunächst nicht auf die Bitte der Nachrichtenagentur AFP um eine Stellungnahme.
In den Staatsmedien waren in jüngster Zeit häufiger Berichte über Bauprojekte aufgetaucht, die in dem ganzen südostasiatischen Land Schutzgebiete gefährden.