Im Jahr 1868 erhielt die Schweiz hohen königlichen Besuch. Fünf Wochen lang genoss Queen Victoria die Schönheit und Gastfreundschaft und soll sich in dieser Zeit glücklich und fern der Trauer um den Tod ihres Gatten Albert gefühlt haben. Gewiss wurden der britischen Königin jegliche Türen und Tore geöffnet, um die Schweiz in einer großen Tour erkunden zu können. Man kann sich aber auch vorstellen, dass das Reisen im Allgemeinen einst eine doch recht beschwerliche Angelegenheit in dieser Zeit war.
Anders sieht das heutzutage aus. Am Flughafen in Zürich angekommen und bereits mit den notwendigen Zugtickets für die Rundreise in der Hand, stehen einem nun fast alle Möglichkeiten offen. Ein besonderes Zuckerl bieten die Schweizerischen Bundesbahnen in Form eines Gepäckservices an. Man gibt dazu einfach seine Koffer am Schalter auf und erhält sie bequem in sein Hotel zugestellt, wodurch man sich das lästige Schleppen erspart.
Für längere Reisen oder Rundreisen durch die Schweiz lohnt sich auch der „Swiss Travel Pass“, der für unterschiedlich viele, jedoch für mindestens drei Tage gelöst werden kann. Er sorgt nicht nur dafür, die Züge der Schweizerischen Bundesbahnen und öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, auch kann man mittels etlicher inkludierter Bergbahnen und Ausflugsschiffen auf den Seen hautnah erleben. Zur Vertiefung können damit auch Museen besucht werden. Die Schweiz öffnet ihren Besuchern so Tür und Tor – und das ganz ohne royalen Stammbaum.
Luzern: Die schönste Stadt der Schweiz
Fußläufig erreicht man am Flughafen gleich den Zug nach Luzern und kommt so in den Genuss der Schweizerischen Bahn, von der selbst ein Schaffner der Österreichischen Bundesbahnen bei der Fahrt nach Wien ins Schwärmen geriet: „Die schweizerischen Bahnen kann man von Service und Komfort her mit nichts vergleichen.“ Während man den Komfort genießt und erste Eindrücke sammelt, tut sich vor einem schon der Vierwaldstättersee und die – so hört man – schönste Stadt der Schweiz auf: Luzern.
Das Gepäck ist bereits im Hotel angekommen, derweil lohnt ein Spaziergang durch die Stadt. Folgt man dabei dem Fluss Reuss, der aus dem Vierwaldstättersee entspringt, gelangt man zum Wahrzeichen der Stadt, der mittelalterlich gedeckten Kapellbrücke. Über sie schlendert man in die sehenswerte Altstadt mit den historischen Häusern und trifft mit ein wenig Glück auf dem Kapellplatz „Bruder Fritschi“, der in der Fassnacht eine wichtige Rolle spielt. Am Ende des Spaziergangs eröffnet sich wieder der Vierwaldstättersee und das von Architekt Jean Nouvel errichtete KKL (Kultur- und Kongresszentrum Luzern), welches sich grazil in die Architektur der Stadt einfügt.
Im Hintergrund des KKL erhebt sich der sagenumwobene, 2128 Meter hohe Pilatus, der mittels Schiff von Luzern nach Alpnachstadt und dort mit der steilsten Zahnradbahn der Welt – bis zu 48 Prozent Steigung – erklommen wird. Auf dem Gipfel angekommen, laden etliche Pfade, eine Restauration und ein Hotel zum Verweilen oder gar Bleiben ein. Überwältigt ist man jedoch von der unvergleichlichen Aussicht, die auch schon das nächste Ziel der Reise in der Ferne erahnen lässt.
Interlaken: Zwischen den Seen
Es geht weiter mit der Bahn durch Schweiz‘ alpine Welt bis nach Interlaken. Woher der Ort seinen Namen hat, erschließt sich am besten bei einer Fahrt mit der historischen Zahnradbahn auf die Schynige Platte. Durch Wald, über Almen und vorbei an grasenden Kühen ist zu erkennen, dass unzählige Gleitschirmspringer auf dem Weg nach Interlaken sind. Ihnen und den Mitreisenden erschließt sich in der Höhe, dass der Ort zwischen Thuner- und Brienzersee liegt – also „Inter Laken“. Auf dem 1967 Meter hoch gelegenen Bahnhof angekommen, empfängt einen der Alpengarten mit Hunderten Pflanzenarten. Hebt man den Blick, baut sich das weltberühmte Schweizer Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau vor einem auf. Diese Aussicht ist aufgrund ihrer Einzigartigkeit einfach atemberaubend.
Interlaken bildet auch den Ausgangspunkt für die Weiterfahrt mit dem Golden-Pass-Express. Seit Juni dieses Jahres verkehrt die neue Panoramabahn mit ihrer zweiten, ersten und Prestigeklasse bis zu vier Mal täglich nach Montreux und retour. Vorbei geht es an Seen, deren Wasser man glaubt beinahe anfassen zu können, grasenden Kühen und alpinen Landschaften bis hin zum Nobelort Gstaad, wo man einen Blick auf die Chalets der Stars werfen kann. In vielerlei Hinsicht ist der Golden-Pass-Express ein Unikat, jedoch wechselt das von der Montreux-Berner Oberland-Bahn konzipierte, von Alstom entwickelte und hergestellte Drehgestell zwischen Meterspur (1 Meter) und Normalspur (1,435 Meter), was auf dieser Strecke unumgänglich und weltweit in dieser Form einzigartig ist.
Montreux: Der Süden lässt grüßen
Als man gerade ein sogenanntes „Plättli“ (Speisenplatte) mit regionalen Köstlichkeiten genießt und sich der Express auf der Meterspur durch die Naturlandschaft schlängelt, blinzelt der Genfersee durch die Bäume und zeigt sich alsbald in seiner ganzen Pracht. Das alpine Ambiente schwindet, links und rechts säumen Weingärten die Bahnstrecke, Palmen sind in der Ferne zu erkennen.
In Montreux angekommen, verspürt man sofort südländisches Flair. Die Palmen an der Promenade und das milde Mikroklima machen das Promenieren am Genfer See zu einem Muss. Langsam wird klar, warum hier von der Schweizer Riviera gesprochen und die Gegend von vielen prominenten Persönlichkeiten so geschätzt wird. Unweit von Montreux, in Corsier-sur-Vevey, lebte Charlie Chaplin. Auf seinem Anwesen erhält man heute in der „Chaplins World“ Einblicke in die Lebens- und Schaffenswelt dieses unvergleichlichen und unerreichten Künstlers.
Das Musikbusiness ist hier ebenfalls stark vertreten, nicht zuletzt zeugt das jährliche Jazzfestival davon. Aber auch eine weitere Königin ist unzertrennlich mit Montreux verbunden: Die britische Kultband „Queen“ nahm sechs Studioalben hier auf und ihr bereits verstorbener Sänger Freddie Mercury lebte eine Zeit lang in Montreux. Auf der Promenade steht ihm zu Ehren eine Statue, bis heute flankiert von Blumen und Nachrichten seiner Fans. Sieht man sie am Ende der Reise an, denkt man auch an Queen Victoria und hört beide das leicht abgewandelte Freddie-Mercury-Zitat sagen: „Suchst du Seelenfrieden, komm in die Schweiz.“