Zwei Schwestern, nennen wir sie Maria und Susanne, leben seit vielen Jahrzehnten in einem ihnen je zur Hälfte gehörenden Haus und unterstützen sich gegenseitig bis ins hohe Alter. Beide sind ledig und alleinstehend. Maria und Susanne haben einen Neffen, Peter, den Sohn ihrer bereits verstorbenen Schwester. Zu Peter haben die zwei Schwestern allerdings keinen Kontakt. Maria und Susanne haben daher beschlossen, in Eigenregie ein einfaches "gemeinschaftliches Testament" aufzusetzen, damit Peter nicht erbt. Der Inhalt des Testaments: "Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein." Maria brachte den "letzten Willen" eigenhändig zu Papier, beide Schwestern unterschrieben. Zeugen wurden nicht beigezogen. Kurz darauf starb Susanne. "Leider gab es hier eine böse Überraschung für Maria", sagt der Grazer Notar Peter Wenger zu seinem Fallbeispiel. Das Testament war nämlich gleich in mehrfacher Hinsicht ungültig.

Warum das Testament nicht gilt

Erstens kann ein gemeinschaftliches Testament von Gesetzes wegen nur von Ehegatten oder eingetragenen Partnern, nicht aber von Geschwistern errichtet werden, wie Wenger erklärt. Zweitens sei das Testament für Susanne formungültig, weil sie das Schriftstück nur unterzeichnet, nicht aber den Text selbst geschrieben hat. Für Susanne lag ein "fremdhändiges Testament" vor, für das drei unabhängige Zeugen nötig sind, die das Testament mitunterschreiben. "Darüber hinaus müsste die Testatorin, die das Testament nicht eigenhändig verfasst hat, zusätzlich zu ihrer Unterschrift auf dem Testament noch einen eigenhändig geschriebenen Zusatz beifügen, dass die Urkunde ihren letzten Willen enthält."

Wer jetzt wirklich erbt

Weil ein gültiges Testament fehlt, kommt es zur gesetzlichen Erbfolge nach Susanne: Maria und Peter erben Susannes Haushälfte zu gleichen Teilen. Statt nun – wie ursprünglich gewünscht – Alleineigentümerin des Wohnhauses zu sein, hat Maria nun den Neffen zu einem Viertel als Miteigentümer. Wie das am besten zu vermeiden gewesen wäre? "Maria und Susanne hätten am besten jeweils ein eigenes, formgültiges Testament errichten sollen", erklärt Wenger und fügt hinzu: "Am besten unter fachkundiger Beratung."