Über die Auslegung von Vereinbarungen, die im Mietvertrag stehen, wurde in der Vergangenheit schon viel gestritten – man denke nur an die „Ausmalverpflichtung“. Die Vermieterseite vertrat meist den Standpunkt: Steht im Vertrag und basta.  „Seit der ersten Klausel-Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Jahr 2006 und den nachfolgenden Entscheidungen hat sich aber doch einiges geändert – obwohl Vermieter und Vermieterinnen das immer wieder ignorieren“, sagt die Juristin Barbara Walzl-Sirk vom Mieterschutzverband Österreichs.

Zwingendes Recht bleibt bestehen

Aber wie ist das nun genau mit der Verbindlichkeit von Verträgen? „Dazu muss man wissen, dass das Mietrechtsgesetz ein sogenanntes zwingendes Recht ist und Vereinbarungen im Mietvertrag, die dagegen verstoßen, rechtlich keine Relevanz haben – und zwar selbst dann, wenn ein Mieter bei der Vertragsunterfertigung auf einzelne Bestimmungen verzichtet hätte“, sagt die Expertin.

Ein Beispiel aus der Praxis: In einem befristeten Mietvertrag wird vereinbart, dass dieser nach Ablauf eines Jahres immer nur zum 31.1., 30.4., 31.7. und 30.10. gekündigt werden kann. „Das widerspricht den zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, wonach der Mieter nach Ablauf eines Jahres das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht hat, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten aufzukündigen.“

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Konsumentenschutzgesetz und ABGB

Bei den „Klauselentscheidungen“ des OGH wurden über die einzelnen vertraglichen Bestimmungen die gesetzlichen Regelungen des Konsumentenschutzgesetzes gelegt und beurteilt, inwiefern dieses Gesetz Auswirkungen auf die Gültigkeit solcher Vereinbarungen hat. Das Konsumentenschutzgesetz kommt immer dann zur Anwendung, wenn ein Mieter bzw. Verbraucher einem Vermieter bzw. Unternehmer gegenübersteht.

Aber wann ist das der Fall? „Die Judikatur geht grundsätzlich davon aus, dass bei Vermietungen von mehr als fünf Wohnungen durch den Vermieter die Unternehmenseigenschaft gegeben ist, wobei aber immer auch die Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind“, sagt Walzl-Sirk. In diesem Zusammenhang habe das Transparenzgebot besondere Bedeutung erlangt. „Dieses besagt, dass eine in allgemeinen Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam ist, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist“, erklärt Walzl-Sirk.

Außerdem könnten in Vertragsformblättern auch Vereinbarungen enthalten sein, die nach den Bestimmungen des ABGB einen Teil der Vertragspartner gröblich benachteiligen, sodass auch diese nichtig sind.

Die wichtigsten Beispiele

„In der Praxis findet man immer wieder Vereinbarungen, die als unzulässige Vertragsklauseln angesehen werden und somit keine Relevanz entwickeln“, sagt die Juristin und hat ein paar Beispiele parat:

  1. In fast allen Verträgen steht, dass der Mieter verpflichtet ist, eine Haushaltsversicherung abzuschließen. Diese Verpflichtung verstößt gegen das ABGB, ist somit gröblich benachteiligend. Dass es sehr sinnvoll ist, eine Haushaltsversicherung abzuschließen, ist eine andere Sache.

  2. Fast alle Verträge verpflichten Mieter zur Wartung und allfälligen Erneuerung von Silikonfugen im Bad – gern als Wartungsfugen bezeichnet. Auch das ist eine unzulässige Vertragsklausel. Der Mieter muss nur kontrollieren, ob diese Fugen dicht sind und etwaige Undichtheiten dem Vermieter melden.

  3. Der Oberste Gerichtshof hat auch entschieden, dass ein generelles Tierhalteverbot im Mietvertrag gröblich benachteiligend ist. Das macht derartige Klauseln unwirksam, in diesen Fällen dürfen Haustiere gehalten werden.

  4. Beliebt ist auch nach wie vor die sogenannte Ausmalverpflichtung. Sie ist ebenfalls in den meisten Mietverträgen enthalten, aber unzulässig. Mit der Bezahlung des Mietzinses entsteht ja ein Abnützungsrecht. Der pflegliche Gebrauch des Mietgegenstandes ist allerdings in jedem Fall die Voraussetzung. Und werden ursprünglich weiße Wände von Mieterseite beispielsweise dunkelrot ausgemalt, dann müssen diese Wände vor der Übergabe der Wohnung mieterseits wieder weiß übermalt werden. Abnützungen, die über sogenannte normale Gebrauchsspuren hinausgehen, sind ebenfalls vom Mieter oder der Mieterin auszubessern. Was eine normale Abnützung ist, wurde vom Gesetzgeber allerdings leider nicht näher definiert. Das macht die Malerei bei der Übergabe einer Mietwohnung immer wieder zum Streitpunkt zwischen Mieter und Vermieter.