1. Gibt es rechtlich einen Zeitrahmen für die Unterhaltsverpflichtung von Eltern? Was gilt, wenn Kinder studieren?
ANTWORT: Prinzipiell besteht die Zahlungsverpflichtung bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes. „Wann eine solche vorliegt, ist an keine starre Altersgrenze gebunden und hängt sehr vom Einzelfall ab“, sagt die Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun. Im Fall eines Studiums liege diese durchschnittlich im Alter zwischen 25 und 28. „Mit der bestandenen Matura ist die Fähigkeit für ein Studium dargelegt. Schlechte Schulnoten, ebenso wie Klassenwiederholungen, sind nicht von Relevanz. Auch Berufs- und Einkommensaussichten, welche mit dem jeweiligen Studium in Zusammenhang stehen, stellen unterhaltsrechtlich kein Kriterium dar“, sagt die Juristin.
2. Und wenn das Kind schon bei der Aufnahmeprüfung für ein Studium scheitert?
ANTWORT: Dann ist ihm, wie Braun betont, durchaus eine zweite Chance im darauf folgenden Jahr zuzugestehen – wenn nicht sogar mehrmalige neue Versuche. Für die Überbrückung könne vom Unterhaltsberechtigten jedoch der Beginn eines Studiums verlangt werden, welches Vorteile für das ursprünglich gewünschte Studium bringt.
3. Welche Handhabe haben Eltern gegen ein „Bummelstudium“?
ANTWORT: Voraussetzung für den Anspruch auf Kindesunterhalt während eines Studiums ist, dass dieses ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Braun: „Ein einmaliger Wechsel des Studiums wird toleriert, vorausgesetzt, dass das Folgestudium eben ordentlich betrieben wird. Ebenso sind vom unterhaltspflichtigen Elternteil gewisse anfängliche Anpassungs- und Eingewöhnungsschwierigkeiten hinzunehmen. Einem Maturanten wird in etwa eine bis zu einem Jahr dauernde Orientierungsphase eingeräumt.“ Bei der Leistungskontrolle wird, wie Braun erklärt, auf die durchschnittliche Dauer des jeweiligen Studiums abgestellt. Diese werde mithilfe sogenannter ECTS-Punkte objektiv berechnet, das Kürzel steht für European Credit Transfer and Accumulation System.
4. Rechtfertigen Krankheiten bzw. diverse Schicksalsschläge oder eine wissenschaftliche Tätigkeit ein Überschreiten der durchschnittlichen Studiendauer? Verlängert sich dadurch die Unterhaltspflicht der Eltern?
ANTWORT: Diese Umstände können dazu führen, dass trotz Überschreiten der durchschnittlichen Studiendauer die Kindesunterhaltsverpflichtung bestehen bleibt. Braun: „Möglich ist auch, dass für einen Abschnitt des Studiums mangels Leistungsnachweis der Unterhaltsanspruch verloren geht, später, in einem anderen Studienabschnitt – wenn dies dann zielstrebig betrieben wird – aber wieder auflebt.“ Grundsätzlich sei der Bezug von Familienbeihilfe eine grobe Orientierung für die Beantwortung der Frage, ob das Studium ordentlich betrieben wird.
5. Haben Kinder auch einen Anspruch auf Unterhalt, wenn sie im Ausland studieren?
ANTWORT: Grundsätzlich kann auch hier eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern bestehen. Die Kosten einer Privat- bzw. Auslandsuniversität selbst werden, wie Braun ausführt, im Regelfall aber keinen Sonderbedarf darstellen, der vom Unterhaltspflichtigen zusätzlich zum regulären Kindesunterhalt zu bezahlen ist. „Davon ausgenommen sind Fälle, in denen das Kind eine besonders ausgeprägte Begabung für ein Studium aufweist, das an keiner inländischen Universität – mit entsprechend niedrigerem Kostenaufwand – absolviert werden kann.“
6. Wenn das Kind während seiner Ausbildung bereits ein Einkommen hat: Können Eltern diese Summe vom Unterhalt abziehen? Und ab welcher Summe ist ein Kind selbsterhaltungsfähig?
ANTWORT: Bei Eigeneinkommen wird in etwa die Hälfte des Einkommens vom Kindesunterhalt abgezogen. „Im Durchschnitt gilt ein Kind ab etwa 1000 Euro netto monatlichem Eigeneinkommen als selbsterhaltungsfähig, dann fällt die Kindesunterhaltsverpflichtung weg.“
7. Was alles gilt als Eigeneinkommen?
ANTWORT: Grundsätzlich jedes Arbeitseinkommen, mit Ausnahme kurzfristiger Ferialtätigkeit (bis zu zwei Monate) – weiters öffentliche Leistungen wie Notstandshilfe, Ausgleichszulagen, Karenzurlaubsgeld und Waisenrente. Nicht als Eigeneinkommen zählen u. a. Famillienbeihilfe, Studienbeihilfen, Kinderbetreuungsgeld oder Pflegegeld.