Attraktive Verzinsung, kurze Laufzeiten und kaum ein Risiko? Anlageprodukte dieser Art sind meist viel zu schön, um wahr zu sein. Aber sie werden immer wieder beworben – und gekauft. Am Ende zeigt sich gar nicht selten: Das Geld ist weg! Der Grazer Rechtsanwalt Arno F. Likar kann ein Lied davon singen: Er hat in den vergangenen Jahren tausende Kleinanleger vertreten, die sich unter anderem von E&S, AvW oder Immobilien- und Schiffsfonds blenden haben lassen. Derzeit vertritt er etwa 100 Geschädigte, die um ihr Geld zittern, das sie in Nachrangdarlehen investiert haben.


„Nachrangdarlehen sind nichts Neues. Neu ist, dass sie offensiv als Geldanlage verkauft werden. Das ist ein Trend, und davor muss man dringend warnen“, sagt der Jurist. Es handelt sich nämlich um ein Hochrisiko-Geschäft: „Sie geben einem Unternehmen sagen wir 10.000 Euro Kredit und wenn es in Zahlungsschwierigkeiten kommt oder gar insolvent wird, sind zuerst alle anderen Gläubiger zu bedienen und nur wenn dann noch etwas übrig bleibt – was bei keiner Insolvenz der Fall ist – bekommen Sie als Nachranggläubiger etwas.“

Kein Geld wegen drohender Insolvenz?

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In den konkreten Fällen, die Likar vertritt, gibt es nicht einmal einen definierten Verwendungszweck für das Darlehen, sondern nur das Versprechen, das Geld nach zwei Jahren mit 7,5 Prozent Verzinsung, was angesichts des Risikos erstaunlich wenig ist, zurückzubekommen. Jetzt sind die Darlehen fällig, aber das Unternehmen verweigert die Auszahlung mit dem Argument, es drohe Insolvenz, was mit einem entsprechenden Passus in den Darlehensbedingungen begründet ist. „Dabei hat man nach eigenen Angaben noch eine Menge Cash am Konto, und der Vertrieb läuft mit einer neuen Tranche von Nachrangdarlehen weiter“, schildert Likar die Situation, von der österreichweit etwa 1000 Anleger betroffen sein dürften. „Strafrechtliche Ermittlungen laufen,“ fügt der Anwalt hinzu.

Das Prinzip sei hier ein altbekanntes: „Alte Schulden werden mit neuem Geld bedient, bis das ganze Kartenhaus zusammenbricht. Das operative Geschäft ist oft nicht oder nicht ausreichend gewinnbringend.“
Das Wichtigste bei all diesen Konstrukten ist also der funktionierende Vertrieb, einfach gesagt: Verkaufspersonal, das gut verkauft. Anlageberater und -beraterinnen haften freilich für fehlerhafte Aufklärung, sie sichern sich in der Regel schriftlich also auch gut ab, wie Likar betont. „Aber wer liest schon alles Kleingedruckte? Und um ein Hochrisikoprodukt verkaufen zu können, müssen Sie das Risiko kleinreden“, fügt er hinzu.

Bei einer Pleite gibt es also immer die Diskrepanz, dass die Emittentin bzw. der Vertrieb darauf beharrt, man habe ja einen Risikohinweis unterschrieben, während die Anleger darauf verweisen, dass ihnen mündlich ein sicheres Investment zugesichert worden sei.
„In diesen Fällen kommt es in der Regel zu einer Verschuldensteilung, sind die Anleger jedoch in Zusammenschau mit der Gesamtsituation glaubwürdig, können auch die unterfertigten Risikohinweise unwirksam sein," erklärt Likar. Was jedem bewusst sein müsse: „In der jetzigen Zeit, in der man am Konto Negativzinsen zahlt, kann es kein Anlageprodukt mit hoher Verzinsung mehr geben, das nicht mit dem Risiko des Totalverlusts verbunden ist – jedes andere Versprechen ist unseriös!“ Warum Anleger diesen Grundsatz immer wieder ignorieren? „Seit über 15 Jahren sehen wir in unserer Kanzlei, dass Anlegermodelle funktionieren, weil die Versprechungen der Emittenten und die dadurch hervorgerufene Gier die Anleger jede Vernunft vergessen lassen,“ erklärt Likar. Wer hauptsächlich in besagte Produkte investiert hat? „Die Masse sind Kleinanleger, die zwischen 5.000 und 20.000 Euro investieren“, lautet die Antwort.

Prozesskostenrisiko

Bei diesen Beträgen stellt sich bei Betrugsverdacht freilich die Frage, wieweit sich der Gang vor Gericht angesichts des Prozesskostenrisikos überhaupt lohnt. „Ohne Rechtsschutzversicherung ist das Risiko hoch, und je geringer die eingesetzten Summen sind, desto weniger wird man es riskieren“, wie Likar betont. Und man brauche einen langen Atem: „In den meisten Fällen dauert es schon eineinhalb Jahre, bis ein erstinstanzliches Urteil vorliegt. Geht der Fall bis vor den Obersten Gerichtshof, kommen noch 2 Jahre hinzu.“ Und ein Instrumentarium, um Sammelansprüche von Geschädigten strukturiert gerichtlich geltend zu machen – in den USA gibt es dazu die Sammelklage - fehlt in Österreich. „Wir müssen im konkreten Fall für die bisher 100 Geschädigten, die wir vertreten, lauter Einzelklagen einreichen“, erklärt der Jurist das Prozedere. Die gute Nachricht: In vier Fällen haben die Klienten ihr Geld mittlerweile zurückbekommen.

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