1. Gibt es für Großeltern ein Recht auf den persönlichen Kontakt zu den Enkelkindern, wie es auch Elternteile gegenüber ihren Kinder haben?
ANTWORT: Ja. „Dieses Kontaktrecht ist aber ein etwas schwächeres als das der Eltern“, erklärt die Juristin Barbara Scherer vom Verein Frauenservice Graz. Das heißt, es müsse in erster Linie dem Wohl des Kindes entsprechen und es dürfe darüber hinaus auch nicht die Ehe oder das Familienleben der Eltern bzw. eines Elternteils oder deren Beziehung zum Kind gestört werden. „Hierbei ist allerdings ein objektiver Maßstab anzulegen.“
2. Wie ist ein solches Recht durchsetzbar?
ANTWORT: Großeltern können durch Antrag beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen – Gerichtsstandort ist dabei der Wohnort des Kindes - ein Kontaktrechtsverfahren einleiten.
3. Genügen Gründe, wie „Die Großeltern geben meinem Kind nur ungesundes Zeug zu essen“ oder „Sie haben sich früher nie um die Enkel gekümmert und jetzt, da sie krank sind, wollen sie plötzlich den Kontakt“, um den Großeltern das Kontaktrecht zu verweigern?
ANTWORT: „Diese Gründe können meines Erachtens nicht für sich alleine herangezogen werden, um den Großeltern das Kontaktrecht generell zu verweigern. Es geht darum, ob angesichts der Gesamtheit der Umstände, also in der Gesamtschau, das Kontaktrecht zu den Großeltern dem Wohl des Kindes entspricht“, sagt Scherer.
4. Die Kindesmutter will mit ihren Kindern ins Ausland übersiedeln. Die Großeltern befürchten, ihre Enkel nie wiederzusehen. Können Sie das Vorhaben der Tochter blockieren?
ANTWORT: Eine Übersiedlung der Kinder ins Ausland wäre nur dann zu verhindern, wenn in der Gesamtheit der Umstände dies eine Gefährdung des Kindeswohls darstellen würde. Scherer: „Die mit einer Übersiedlung verbundene Reduzierung oder sogar der Entfall des Kontaktrechtes der Großeltern, würden hierfür als Grund, die Übersiedlung zu verhindern, nicht genügen“, sagt Scherer.
5. Zwischen Großeltern und Enkeln gab es immer eine gute Beziehung. Nun lässt sich das Elternpaar scheiden und die ehemalige Schwiegertochter beginnt, die Kinder gegen die Großeltern aufzuhetzen und den Kontakt zu blockieren. Was können die Großeltern hier unternehmen?
ANTWORT:Grundsätzlich besteht auch hier die Möglichkeit, das Kontaktrecht gerichtlich einzufordern und festzulegen. „Allerdings sollte zunächst ein Gespräch mit der Mutter gesucht werden“, rät Scherer. „Die Zeit einer Scheidung und oft auch noch danach, ist für alle beteiligten Personen, inklusive Kinder, sehr belastend, da sollte man den Druck nicht zusätzlich erhöhen.“
6. Ein Elternpaar kümmert sich kaum darum, dass seine Kinder in der Schule gut abschneiden. Die Oma ist pensionierte Lehrerin und könnte viel mit den Kindern lernen. Allerdings befürchten die Eltern, dass die Kinder dann „zuviel“ bei der Oma wären. Ist die Lernhilfe trotzdem durchsetzbar?
ANTWORT: Die Großmutter könnte sich im Ernstfall an das Jugendamt wenden. Wenn dieses tatsächlich notwendigen Bedarf an Förderung der Kinder feststellt, könnten seitens des Jugendamtes entsprechende Maßnahmen gesetzt werden.
7. Wie weit können minderjährige Kinder vor Gericht mitbestimmen, wie viel Kontakt sie zu ihren Großeltern haben? Welches Alter ist hier gewissermaßen die Messlatte?
ANTWORT: Bei der Regelung der Kontaktrechte hat das „Wohl des Kindes“ oberste Priorität: „Neben dem Alter des Kindes und der Intensität der bisherigen Kontakte, finden besonders auch die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes Berücksichtigung“, sagt Scherer und ergänzt: „Im Kontaktrechtsverfahren ist daher jedes Kind, entsprechend seinem Alter und seiner Einsichtsfähigkeit, anzuhören. Üblicherweise erfolgt dies bei Kindern unter 10 Jahren durch psychologisch geschulte Personen. Kinder über 10 Jahren werden vor Gericht selbst angehört.“
8. Ab dem 14. Lebensjahr des Kindes ist rechtlich noch einmal alles anders?
ANTWORT: „Den Wünschen des Kindes kommt hier insofern besondere Bedeutung zu, als ab diesem Zeitpunkt, kein Kontaktrecht durchgesetzt werden kann, wenn es das Kind nicht will“, sagt Scherer. Darüber hinaus hätten Minderjährige ab dem 14. Lebensjahr ein eigenständiges Antragsrecht in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung – also auch dem Kontaktrecht. Scherer betont an dieser Stelle allerdings: „Minderjährige, also bis zum 18. Lebensjahr, ,entscheiden’ nicht! Ihre Meinung und ihr Wunsch müssen angehört werden, aber die letztendliche Entscheidung treffen die obsorgeberechtigten Eltern oder ein Gericht!“ Die Äußerungen eines Kindes seien zwar zumeist sehr maßgeblich für die Entscheidung, aber die Last der Entscheidung dürfe nicht dem Kind aufgebürdet werden, sondern liege bei den Erwachsenen – also bei den Eltern und beim Gericht.