Ein Arbeitnehmer, Mitte 50, wird von seinem Vorgesetzten in das Personalbüro gerufen. Der Mann ist bereits seit vielen Jahren im Unternehmen. „Auch unserem Unternehmen macht, wie Sie wissen, die Pandemie zu schaffen. Wir müssen uns daher leider von Ihnen trennen. Da unterschreiben Sie die einvernehmliche Aufkündigung. Ihr letzter Arbeitstag ist heute,“ wird ihm gesagt. Der Arbeitnehmer kennt sich in Rechtsfragen nicht aus. Er wurde überrumpelt und unterschreibt. Daheim erkennt er allerdings, dass das ein Fehler war.

„Fälle wie dieser, bei denen Mitarbeitern Druck gemacht wird, schnell einer einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses zuzustimmen, mehren sich derzeit“, lautet der Befund der Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun. Das Problem dabei: Mit der einvernehmlichen Beendigung fällt man um anteilige Sonderzahlungen, die Weiterbezahlung sowie Arbeitssuchtage während der Kündigungsfrist um. Mit Unterfertigung der einvernehmlichen Beendigung verliert der Dienstnehmer aus unserem Fallbeispiel auch sein Anfechtungsrecht, das er bei einer Kündigung grundsätzlich hätte. „In betriebsratspflichtigen Unternehmen wäre dem Mann wegen seines fortgeschrittenen Alters allenfalls eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit möglich gewesen“, sagt Braun.  Die Annahme, dass Arbeitnehmer von einer einvernehmlichen Aufkündigung generell zurücktreten können, ist weit verbreitet. „Stimmt aber nicht“, warnt die Juristin. Eine einvernehmliche Aufkündigung könne nur im Einzelfall und unter besonderen Umständen rückgängig gemacht werden.

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Kommen wir zurück zu unserem Fallbeispiel: Der Mitarbeiter wurde „überrumpelt“. Genügt dies als „besonderer Grund“, um von der einvernehmlichen Kündigung zurücktreten zu können? Die Anwältin sagt dazu: „Wenn ein Dienstnehmer eine Entscheidung zu seinen Lasten trifft, wird von den Gerichten zwar geprüft, ob das aus freien Stücken geschah – laut Rechtsprechung stellt die Aussicht der Kündigung für den Fall der Verweigerung der Unterfertigung aber keinen illegitimen Druck dar. Denn es steht dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, ein Dienstverhältnis mit Kündigung zu beenden. Dies bei Beachtung von Sonderfällen des Kündigungsschutzes.“

In unserem Fallbeispiel gibt es aber einen Betriebsrat und deshalb noch folgende Möglichkeit: Beruft sich der Betroffene auf sein Beratungsrecht mit dem Betriebsrat, gilt eine zweitägige Sperrfrist, bis eine einvernehmliche Kündigung rechtswirksam vereinbart werden kann. „Akzeptiert die Firma das nicht, muss der Arbeitnehmer binnen drei Monaten bei Gericht die Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung einbringen“, sagt Braun, gibt allerdings zu bedenken: „Gemäß der Rechtsprechung gibt es – ausgenommen in Fällen des besonderen Kündigungsschutzes – keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über sein Beratungsrecht aufzuklären.“ Wie immer gelte: „Wissen ist Macht – und ist man sich unsicher, sollte man keinesfalls etwas unterschreiben!“

Und wenn die einvernehmliche Kündigung nur unterschrieben wurde, weil der Arbeitgeber drohte, sonst eine Entlassung auszusprechen? „Dann kann es zu einer erfolgreichen Anfechtung und sohin zur Aufhebung der einvernehmlichen Vereinbarung kommen, wenn dem Arbeitgeber keine plausiblen und objektiv ausreichenden Gründe für eine gerechtfertigte Entlassung vorlagen“, sagt Braun. Die Gründe für eine Entlassung sind nämlich gesetzlich geregelt – im Angestelltengesetz bzw. in der Gewerbeordnung.

Wiedereinstellungszusagen

Im Zusammenhang mit Covid-19 kommt es  in der Praxis immer wieder zu einvernehmlichen Beendigungen mit verbindlicher einseitiger Wiedereinstellungszusage des Arbeitgebers." Dazu sagt Braun: "Grundsätzlich ist mit der Beendigung das Dienstverhältnis endabzurechnen, es sind also u. a. die anteiligen Sonderzahlungen zur Zahlung fällig." In einer Vereinbarung der Beendigung des Dienstverhältnisses mit Wiedereinstellungszusage könne jedoch festgelegt werden, dass die aus der Beendigung resultierenden Ansprüche erst dann zu bezahlen sind, wenn der Dienstnehmer das neue Dienstverhältnis antritt oder hätte können.