Es hätte eine kleine Frühlingstour mit dem Auto werden sollen, das über den Winter unbenutzt in der Garage stand. Leider krachte unser Leser dabei in ein anderes Fahrzeug. Alles nur ein Blechschaden, aber teuer - und unser Leser bekam die Schuld zugesprochen. „Meine Kfz-Haftpflichtversicherung hat den Schaden des Gegners bezahlt, will jetzt aber ihr Geld von mir zurück, weil ich mit den Prämien im Rückstand war“, klagt der Mann und will wissen, ob das nicht reine Willkür ist.

Wir haben dazu den Kärntner Versicherungsexperten Reinhard Jesenitschnig befragt. Er stellt fest: „Die Kfz-Haftpflicht ist die einzige Versicherung, die auch dann zahlt, wenn der Versicherungsnehmer gegen die Pflichten (auch Obliegenheiten genannt) verstößt, die in den Versicherungsbedingungen stehen - dazu gehört auch die termingerechte Einzahlung der Prämien.“ Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: In diesen Fällen kann die Versicherung regressieren, sich also das Geld vom Versicherungsnehmer zurückholen. Dumm für unseren Leser: Anders als bei allen anderen Regelverstößen, ist der Regress bei einem Prämienrückstand nicht auf eine bestimmte Summe begrenzt ist: Hier kann der Versicherer seine gesamte Leistung zurückverlangen.

11.000 Euro oder 22.000 Euro als Obergrenze

Aber was alles fällt überhaupt unter die „Obliegenheiten“ des Versicherungsnehmers? Jesenitschnig nennt drei plakative Beispiele: „Der Lenker muss einen gültigen Führerschein besitzen, darf zum Unfallzeitpunkt nicht von Alkohol oder Drogen beeinflusst sein und das Fahrzeug darf kein auffrisiertes bzw. getuntes sein.“ Wird gegen Pflichten wie diese verstoßen, ist der Regress der Versicherung derzeit, wie Jesenitschnig betont, mit 11.000 Euro begrenzt - pro verletzter Pflicht.

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Zusätzlich besteht eine weitere Begrenzung: „Bei der Verletzung von mehreren Obliegenheiten auf einmal ist der gesamte Regress derzeit mit Euro 22.000 Euro begrenzt“, gibt Jesenitschnig zu Protokoll. Anders gesagt: Wenn jemand ohne gültigen Führerschein, alkoholisiert und mit einem auffrisierten Auto fährt, verstößt er insgesamt gegen drei Obliegenheiten, die in den Versicherungsbedingungen enthalten sind. „Aufgrund der absoluten Begrenzung des Regresses sind vom Versicherten bei einem Unfall hier aber maximal 22.000 Euro an die Versicherung zurückzuzahlen, wenn die Ersatzleistung an den Geschädigten diesen Betrag überschreitet.

Alkohol am Steuer

Eine Besonderheit gibt es dabei noch bei Alkoholisierung bzw. Drogeneinfluss: „In diesem Fall darf die Versicherung nur dann regressieren, wenn der Lenker verwaltungsbehördlich oder gerichtlich rechtskräftig bestraft wird und im Strafbescheid festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde“, erklärt der Experte.

Der Regress kann übrigens nur gegenüber dem Versicherungsnehmer und/oder Lenker geführt werden. Jesenitschnig: „Im Ablebensfall des Regresspflichtigen richtet sich die Forderung an den Nachlass. Ist kein Vermögen vorhanden, kann der Regress – mangels Masse, wie es offiziell heißt – nicht durchgeführt werden.“ Soll heißen: Die Versicherung kann sich nicht an den Erben bzw. deren Vermögen schadlos halten.
Aber egal, wie ein Regress im Einzelfall nun aussieht, eines gilt laut Jesenitschnig für alle Betroffenen: „Prüfen Sie die von der Versicherung vorgebrachten Regressgründe! Es lohnt sich immer, dabei den Rat eines Experten einzuholen!“