Für den Laien sind manche Mängel beim Gebrauchtwagenkauf schlichtweg nicht zu erkennen. Dann kann aus dem vermeintlichen Schnäppchen eine Kostenfalle werden. Bei der ÖAMTC-Rechtsberatung kann man ein Lied davon singen. Seit einigen Wochen haben es die Juristen des Automobilclubs vermehrt mit Anfragen nach einem Gebrauchtwagenkauf zu tun, sie können im individuellen Fall die Erfolgschancen einschätzen und Hilfestellung bei der weiteren Vorgehensweise geben. Oft bleibt zur Durchsetzung allfälliger Ansprüche allerdings nur der Gang zu Gericht. "Dringend empfehlenswert ist daher eine Rechtsschutzversicherung, die die mitunter beträchtlichen Kosten eines solchen Verfahrens übernimmt", rät der ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried.
Sowohl beim Kauf eines Gebrauchtwagens vom Händler als auch von Privat gilt es, mit Bedacht vorzugehen. "Rechtlich besser gestellt ist man jedenfalls beim Kauf von einem Händler, da dieser die Gewährleistung nicht gänzlich ausschließen kann. Ist ein Fahrzeug vor über einem Jahr zugelassen worden, ist jedoch eine Reduktion der Gewährleistung von zwei Jahren auf eines möglich" erläutert der ÖAMTC-Experte. Allerdings bedeute das nicht, dass der Verkäufer für alle Mängel einstehen muss – es kommt vielmehr darauf an, was vereinbart ist. Ein Privater hingegen könne die Gewährleistung beim Verkauf weitgehend ausschließen.
Versteckte Mängel nach dem Kauf
Nikolaus Authried nennt ein Beispiel aus der Praxis: "Einige Monate nachdem eine Frau einen Gebrauchtwagen gekauft hatte, wurden im Zuge der ,Pickerl'-Überprüfung unerwartet mehrere schwere Mängel festgestellt, der Wagen bekam keine Plakette. Die Frau suchte daraufhin die Rechtsberatung des Mobilitätsclubs auf. Zum Glück hatte sie einen ÖAMTC-Kaufvertrag verwendet, wodurch – im Gegensatz zu selbst entworfenen Verträgen – viele Probleme von vornherein vermieden worden sind. Die Verkehrs- und Betriebssicherheit war in diesem Vertrag ausdrücklich zugesichert worden. Allerdings war ohne ein ausführliches Gutachten nicht sicher, ob die Mängel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden waren." Aus technischer Sicht habe einiges dafür gesprochen, ohne teures Gutachten habe man es aber nicht belegen können. "Die Kollegen erwirkten jedoch aufgrund der für beide Seiten bestehenden Unsicherheit einen Vergleich, bei der die Verkäuferseite knapp 30 Prozent des Kaufpreises nachgelassen hat", berichtet Authried über den Ausgang und fügt hinzu: "Mit einem Ankaufstest beim ÖAMTC vor dem Kauf wäre die Frau wahrscheinlich erst gar nicht in diese Lage gekommen."
Tipps für die Kaufabwicklung
- Nichts übereilen: Eine Kaufentscheidung sollte nie voreilig getroffen werden. Bei Verkäufern, die mit Verweis auf andere Interessenten auf einen schnellen Abschluss drängen, gilt es besonders kritisch zu sein. Das trifft gerade bei vermeintlichen "Schnäppchen" zu.
- Kaufüberprüfung durchführen: Dabei sollten von einem Profi Motor, Antriebsstrang, Lichtanlage, Fahrwerk, Karosserie und diverse "Komfortsysteme"geprüft werden. Während das "Pickerl" lediglich die aktuelle Betriebssicherheit bescheinigt, gibt die Kaufüberprüfung Auskunft über Schwachstellen, eventuell vorhandene Unfallschäden, Abnutzungserscheinungen und absehbare künftige Mängel.
- Mustervertrag verwenden: Für den Verkauf von Privat an Privat gibt es Musterformulare - etwa bei den Automobilclubs. Die Interessen beider Vertragspartner werden berücksichtigt und die Vertragsbestimmungen sind in leicht verständlichen Anmerkungen erläutert.
- Mündliche Zusagen verschriftlichen: Wichtig ist auch, keinen Vertrag zu unterschreiben, dessen Inhalt vom mündlich Abgesprochenen abweicht. Insbesondere wenn das Fahrzeug im Vertrag als "Bastlerfahrzeug" beschrieben wird, der Kaufpreis dem aber nicht entspricht und der Verkäufer beteuert, es wäre alles in Ordnung, müssen die Alarmglocken läuten. "Mündliche Zusagen oder Vereinbarungen unbedingt schriftlich festhalten, ihnen kann später entscheidende Bedeutung zukommen", weiß Authried aus Erfahrung.
- Ist der Kaufvertrag unterschrieben und es treten in der Folge z. B. technische Mängel auf, lautet die erste Empfehlung, den technischen Zustand mit einem Experten abzuklären, um darauf aufbauend eine rechtliche Beurteilung vornehmen zu können. Dabei spielt, wie Authried betont, insbesondere auch der tatsächliche Wert des Fahrzeugs im Verhältnis zum Kaufpreis eine Rolle.