Junge Influencer bewerben Junkfood und Süßigkeiten auf YouTube, TikTok oder Instagram – und erreichen damit Millionen junger und sehr junger Fans. Eine neue Erhebung der Konsumentenschutzorganisation Foodwatch macht klar, in welchen Ausmaß das bereits passiert.

Die Influencer genießen häufig sehr viel Vertrauen und hohe Glaubwürdigkeit oder werden von ihren Fans sogar als Freunde wahrgenommen. „Diesen Einfluss machen sich Lebensmittelunternehmen
zunutze, um für ihre süßen Limonaden, Torten und Schokoriegel zu werben“, sagt Heidi Porstner, Leiterin von Foodwatch Österreich.

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“Die Industrie agiert mit dem Online-Marketing an der elterlichen Aufsicht vorbei. Sie gelangt somit direkt ins Kinderzimmer und auf die Handys von Kindern und Jugendlichen und untergräbt so die Bemühungen
von Eltern, ihre Kinder für gesunde Lebensmittel zu begeistern”, gibt Porstners Kollegin, Lisa Kernegger, zu bedenken.Die Initiative geht allerdings nicht immer von den Unternehmen selbst aus. Das Verhältnis ist symbiotisch: Manches Mal gehen die Influencer mit einem unbezahlten Werbevideo für die Junkfood-Firmen in „Vorleistung“. Sie preisen Produkte an und fordern die Hersteller direkt auf, sie zu sponsern. Und der Erfolg ist vorprogrammiert: Kinder in Österreich geben ihr Taschengeld gerne für Essen, Fast Food und Süßigkeiten aus, wie eine Studie der Universität Wien mit der Münze Österreich 2018 ergab.

Für die Recherche hat Foodwatch im Jahr 2020 über einen Zeitraum mehrerer Wochen tausende Posts, Storys und Videos bekannter Social-Media-Stars untersucht und zahlreiche Belege für entsprechende Werbung dokumentiert. Unter den untersuchten Influencern befinden sich auch die beiden Österreicherinnen Viktoria und Sarina. Sie zählen zu den heimischen YouTubern mit den meisten Abonnenten. Sie verzieren beispielsweise eine Coppenrath & Wiese-Torte mit noch mehr Süßigkeiten oder präsentieren einen nach ihnen benannten „Keksteig zum Löffeln“. Manches ist als Werbung gekennzeichnet, anderes jedoch nicht. Kinder können zudem noch nicht oder nur schwer erkennen, dass Werbung darauf abzielt, ihr Konsumverhalten zu beeinflussen.

Rechtlichsind den Unternehmen wenig Grenzen gesetzt, wenn sie mit Influencen Lebensmittel an Minderjährige bewerben wollen. Im Gegensatz zu Ländern wie Norwegen, Schweden oder Großbritannien gibt es in Österreich nach wie vor keine direkten gesetzlichen Verbote oder Einschränkungen von Kindermarketing für unausgewogene Lebensmittel. Das Ziel sollte sein, die Einwirkung von Werbung für Lebensmittel und Getränke, die einen hohen Gehalt an Salz, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren oder Transfettsäuren aufweisen, auf Kinder wirkungsvoll zu reduzieren, wie man bei Foodwatch betont.

Werberegeln "völlig absurd"

Doch die seit Jahresanfang geltenden neuen Werberegeln für Rundfunkveranstalter und Mediendiensteanbieter, darunter fallen auch YouTuber, im audiovisuellen Mediendiensteanbieter-Gesetz und im ORF-Gesetz, setzen auf Selbstregulierung statt auf konkrete gesetzliche Beschränkungen. Die neuen Vorschriften verlangen lediglich, wie die Konsumentenschützer betonen, dass sich Mediendiensteanbieter selbst Richtlinien auferlegen müssen, welche Bewerbung von unausgewogenen Lebensmitteln im Umfeld von Kindersendungen sie für unangebracht befinden.

„Als Gesetzgeber Unternehmen vorzugeben, sich selbst die Regeln zu schreiben, ist an Absurdität wirklich kaum zu übertreffen. Das ist bei einem so wichtigen Thema, bei dem es um die Gesundheit der Kinder geht, einfach viel zu wenig“, stellt Heidi Porstner fest: „Es braucht dringend eine gesetzliche Beschränkung des Kindermarketings, die sich streng an den Nährwertempfehlungen der  Weltgesundheitsorganisation WHO orientiert“, sagt die Foodwatch Österreich-Leiterin. Die WHO hat bereits im Jahr 2015 ein Nährwertprofil für Kinder ausgearbeitet, auf dessen Basis Marketingbeschränkungen eingeführt werden sollen.

Im Schnitt ist etwa jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen in Österreich im Alter von 8 Jahren übergewichtig oder adipös. Das geht aus der im November 2017 veröffentlichten „COSI - („Childhood Obesity Surveillance Initiative“) Studie der WHO hervor, an der Österreich 2017 zum ersten Mal teilnahm. Übergewicht im Kindes- und Jugendalter erhöht das allgemeine Risiko, an Adipositas und anderen Stoffwechselerkrankungen im Erwachsenenalter zu erkranken. „Daher ist ein gesetzliches Werbeverbote für unausgewogene Lebensmittel zum Schutz der Kinder dringend nötig“, heißt es bei Foodwatch Österreich.