Unser Leser erwarb heuer eine Neubauwohnung, zu der auch zwei Garagenparkplätze gehören. „Leider war mir beim Kauf nicht bewusst, dass einer davon so ungünstig angelegt ist, dass das Einparken eine Tortur ist, selbst mit einem Kleinwagen. Man kann den Platz nur mit dem Heck voran anfahren und muss x-fach reversieren. Das hat mir jetzt auch der Wohnbauträger bestätigt“, schildert er das Problem. „Muss ich das akzeptieren? Ist so ein Parkplatz gesetzeskonform?“ fragt er sich. Schließlich habe er für seine beiden Stellplätze mehr als 46.000 Euro bezahlt, könne aber nur einen davon wirklich nutzen. Hinzu kämen noch die laufenden Betriebskosten. „Andere Eigentümer haben für zwei tatsächlich befahrbare Parkplätze weniger bezahlt“, fügt er hinzu und will wissen: „Habe ich einen Anspruch auf Preisminderung?“

Was die OIB-Richtlinie sagt

Wir haben dazu den Grazer Rechtsanwalt Stefan Kohlfürst befragt. Er sagt: „Einen Anhaltspunkt betreffend die Größe von Stellplätzen bieten die Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik, kurz OIB genannt, die der Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften dienen. Diese sind ja in jedem Bundesland andere.“
Die Bundesländer könnten die OIB-Richtlinen in ihren jeweiligen Bauordnungen für verbindlich erklären. „In der Anfrage Ihres Lesers geht es um die OIB-Richtlinie 4 zur Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit von 2015. In der Steiermark gilt diese seit 2016. In Kärnten kommt sie gemäß einem Beschluss der Landesregierung auch seit 2016 zur Anwendung.“

Nach dieser Richtlinie müssen Garagen, überdachte Stellplätze und Parkdecks so angelegt sein, dass eine sichere Zu- und Abfahrt gewährleistet ist, wobei die Breite der Zu- und Abfahrten mindestens drei Meter betragen muss. Die Flächen von Kfz-Stellflächen und die Breite der Fahrgassen sind nach der Art und Anordnung der abzustellenden Fahrzeuge zu bemessen, wie Kohlfürst betont. Beim Parkplatz unseres Lesers wird das Fahrzeug im 90-Grad-Winkel bzw. quer zur Fahrgasse aufgestellt. „Die Mindestwerte eines solchen Stellplatzes betragen 2,5 mal 5 Meter, die Fahrgasse muss mindestens sechs Meter breit sein.
Außerdem habe die Österreichische Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr gemeinsam mit dem Verkehrsministerium, der ASFINAG und des Landesbaudirektionen der Bundesländer ein Merkblatt herausgegeben, das für Stellplätze ebenfalls ein Mindestbreite von 2,5 Metern vorsieht. „Gibt es ein seitliches Hindernis, beträgt die Regelbreite gemäß diesem Merkblatt (RVS 03.07.322) sogar 2,80 Meter.“ Kleiner Nachsatz: „Solche Merkblätter haben freilich nur einen empfehlenden Charakter und keinen gesetzgebenden.“

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Einsicht in Bauakt nehmen!

Zur Frage unseres Lesers bezüglich einer Preisreduktion, sagt der Rechtsanwalt: „Bei einem Kauf einer bestehenden Eigentumswohnung samt Tiefgaragenplatz, ist es dem Käufer wohl möglich, sich den Stellplatz anzusehen. Defacto ist der Kaufgegenstand ja schon errichtet, sodass die Möglichkeit einer Preisminderung wohl eher nicht gegeben ist.“  Anders ist es bei einer Wohnung samt Tiefgaragenplatz, die sich erst im Bau befindet: „Bei derartigen Bauvorhaben wird das Vertragsverhältnis zumeist nach den Bestimmungen des Bauträgervertragsgesetzes (BTVG) abgewickelt,“ sagt der Anwalt. Dem Käufer stehe das Recht zu, den Baubewilligungsbescheid vor der Unterfertigung zu erhalten. „Es ist auch legitim, wenn er in die Einreichplanung Einsicht nehmen will“, ergänzt Kohlfürst. Aus diesen Urkunden im Zusammenhang mit dem Anbot bzw. dem Bauträgervertrag gehe die Situierung des Stellplatzes hervor. „Unterstellt man, dass die OIB-Richtlinien – wie eingangs erwähnt – hinsichtlich der Größe des Stellplatzes gelten, so dürfte ein kleinerer Stellplatz bzw. eine schmälere Zufahrt gar nicht bewilligt werden.“ Kohlfürsts Rat an unseren Leser: „Nehmen Sie Einsicht in den Bauakt!“

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