Ich kenne niemanden, der Erfahrung mit Anwälten hat. Wie finde ich also einen Anwalt, der fachlich und menschlich zu mir passt?

Antwort:
„Großteils kommen die Klienten zwar durch persönliche Empfehlungen zu uns. Es ist aber auch ganz leicht, Anwälte und ihr Fachgebiet über den Internetauftritt der verschiedenen Anwaltskammern zu orten, dort wird man auch direkt auf die Homepage des Anwalts verlinkt“, sagt der Vizepräsident der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, Michael Kropiunig. „Wenn man hingegen gar nicht weiß, um welches Rechtsgebiet genau es geht, ist es wohl am vernünftigsten für eine allgemeine Beratung einen Anwalt aus nächster Nähe zu suchen“, ergänzt Kropiunigs Kärntner Kollege, der Vizepräsident der Kärntner Rechtsanwaltskammer, Alexander Jelly.

Kann ich davon ausgehen, dass die Erstberatung beim Anwalt gratis ist?

Antwort
: Nur wenn man die kostenlosen Sprechtage in Anspruch nimmt, die die Rechtsanwaltskammern regelmäßig in allen Bezirken anbieten, abrufbar über die Homepage der Rechtsanwaltskammern. „Wer einen Termin außerhalb dieses Angebots ausmacht, sollte immer fragen, ob und welche Kosten für eine erste Beratung anfallen", rät Kropiunig und Jelly ergänzt: „Wenn nicht ausdrücklich vereinbart wird, dass das Erstgespräch nichts kostet, muss man davon ausgehen, dass etwas zu bezahlen ist.“ Ein Anwalt, der einen Sachverhalt aufnimmt, ihn juristisch einordnet und dann aufgrund seiner Fachkenntnis einen Rat erteilt, habe ja bereits eine Leistung erbracht.

Wie berechnen Anwälte ihr Honorar? Das wirkt alles sehr undurchschaubar.

Antwort:
„Was ein angemessenes Honorar für einen Anwalt ist, wird im Rechtsanwaltstarifgesetz und in den Autonomen Honorarkriterien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages geregelt“, sagt Jelly. Abhängig vom Streitwert sind dabei fixe Kostensätze für die einzelnen Leistungen des Anwalts (vom Gespräch über den Schriftsatz bis hin zur Verhandlung) festgelegt. Je höher der Streitwert, desto höher die Kosten. „Wie viele Gesetze ist  auch das Anwaltstarifgesetz für Laien schwer verständlich“, sind sich die Juristen einig. Man kann aber auch ein Stundensatzhonorar vereinbaren. „Dann kostet jede Stunde der Anwaltsleistung einen Betrag x, egal, ob der Streitwert nun 5000 Euro oder 50.000 Euro beträgt“, sagt Kropiunig und fügt hinzu: „Der Stundensatz wird sich aber wohl erst bei einem höheren Streitwert im Vergleich zur Abrechnung nach Tarif zu rentieren beginnen.“ Jelly gibt auch zu bedenken, dass dieser Stundensatz dann nicht nur für die Verhandlungstage vor Gericht anfällt, sondern für jede Stunde überhaupt. Kleiner Nachsatz: „Bei Privatklienten sind Abrechnungen nach Stundensatz eher unüblich.“

Ist es möglich, von einem Anwalt einen Kostenvoranschlag für seine Dienste zu bekommen?

Antwort
: Es gibt klar abgrenzbare Leistungen eines Anwalts, wie es etwa bei einer Vertragserrichtung der Fall ist. Hier wird, ähnlich wie beim Makler, üblicherweise ein bestimmter Prozentsatz vom Kaufpreis berechnet. Anders ist es bei einem Verfahren vor Gericht. „Bei einem Gerichtsprozess gibt es Hunderte von Variablen, die die Kosten beeinflussen: beginnend bei der Schwierigkeit des Falls und der Richterpersönlichkeit, bis hin zur Anzahl der Zeugen. Das ist nicht wie beim Bau eines Kleiderschranks, bei dem man schon vorher weiß, welche Teile genau man braucht“, erklärt Kropiunig. „Nicht der Anwalt, entscheidet, wie aufwändig ein Gerichtsverfahren wird“, sagt Jelly und hat ein Beispiel parat: „Nehmen wir an, jemand schuldet Ihnen 10.000 Euro und Sie klagen die Summe ein. Wenn der Gegner keinen Einspruch erhebt, ergeht von Gericht ein Zahlungsbefehl, und die Sache ist erledigt. Erhebt der Gegner allerdings einen Einspruch, beginnt ein Verfahren mit Beweismittelerhebung, Zeugen und eventuell Sachverständigen. Dafür sind eventuell mehrere Verhandlungstermine nötig.“ Daraus folgt: „Die Aufklärung über Prozessrisiken ist einer der vorrangigsten Pflichten des Anwalts“, sagt Jelly.

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Gegen eine Kostenexplosion kann ich mich bei einem Gerichtsverfahren also nie schützen?

Antwort
: „Klienten können mit ihrem Anwalt vereinbaren, dass sie verständigt werden, wenn die Kosten einen bestimmten Betrag überschreiten und dass der Anwalt dann vorerst keine weiteren Schritte mehr setzt. Das sollte man aber schriftlich machen", erklärt Kropiunig. Zu glauben, man könnte aus einem Gerichtsverfahren jederzeit wieder aussteigen, wenn es zu teuer wird, ist freilich ein Denkfehler, wie Jelly betont: „Ein Vergleich ist immer nur möglich, wenn sich beide Streitteile darauf einigen. Gegen den Willen des anderen kann man einen Gerichtsstreit nur beenden, indem man die Klage zurückzieht und alle Kosten übernimmt, die bisher angefallen sind - also die eigenen und die der gegnerischen Seite.“ 

Kann ich mitten in einem Verfahren meinen Anwalt wechseln, wenn ich mit ihm nicht mehr zufrieden bin?

Antwort:
Das ist möglich und kommt durchaus vor, wie Kropiunig und Jelly berichten. Schließlich habe sich die Zahl der Anwälte in Österreich in den vergangenen Jahren fast vervierfacht. Bei insgesamt fast 7000 Anwälten ist die Konkurrenz groß. Wie man sich von seinem Anwalt trennen kann? „Wenn ein Klient einem Anwalt einen Auftrag erteilt, macht er dies mit Hilfe einer Vollmacht. Die Vollmacht kann vom Klienten jederzeit widerrufen werden, damit ist das Auftragsverhältnis aufgelöst“, sagt Kropiunig. Eine solche Kündigung steht freilich auch dem Anwalt zu. „Kein Anwalt ist verpflichtet, ein Mandat zu übernehmen, und er kann es auch jederzeit zurücklegen“, sagen die Anwälte. „In Verfahren ohne Anwaltspflicht rechnet der Anwalt dann einfach seine Kosten ab und übermittelt dem Klienten die Unterlagen.“ Lediglich bei Verfahren mit Anwaltspflicht muss der „gekündigte“ Anwalt seinen ehemaligen Klienten noch 14 Tage weiter vertreten, wenn dieser nicht sofort einen anderen Rechtsanwalt als Nachfolger nominiert hat.

Wohin kann ich mich wenden, wenn ich meine, dass die Honorarnote meines Anwalts überzogen ist?

Antwort:
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: „Die Rechtsanwaltskammer ist verpflichtet, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen, wenn sich ein Klient oder ein Anwalt diesbezüglich an die Kammer wendet und beide damit einverstanden sind“, erklärt Kropiunig die erste Variante. Wichtiger Nachsatz: „Wenn ein Rechtsanwalt eindeutig falsch abrechnet, riskiert er ein Disziplinarverfahren durch die Rechtsanwaltskammer. Bewusst falsche Abrechnungen sind standeswidrig.“ Gelingt kein Schlichtungsverfahren und der Klient verweigert weiter die Zahlung, muss der Anwalt sein Honorar einklagen und das Gericht entscheidet. Das ist die zweite Möglichkeit. Jelly sagt dazu: „Ich kenne nicht viele Honorarprozesse und habe selber in 25 Jahren nur einen geführt.“ Und zu Kostenbeschwerden käme es tendenziell eher dann, wenn ein Prozess verloren wird. „Die Einstellung ,Wenn ich schon verliere, soll auch mein Anwalt nichts bekommen' erleben wir leider immer öfter.“

Wer den Prozess verliert, bleibt auf den Kosten sitzen. Wenn ich gewinne, muss ich gar nichts zahlen?

Antwort
: „Die Prozessordnung sieht vor, dass der Verlierer die gesamten Verfahrenskosten ersetzen muss. Dem Rechtsanwalt haftet aber immer der eigene Klient als Auftraggeber. Der Anwalt muss daher nicht zum Verlierer gehen, um seine Kosten einzutreiben“, sagt Kropiunig. Anders gesagt: Der Gewinner hat gegenüber dem Verlierer gemäß Gerichtsurteil einen Kostenrückersatzanspruch. Das setzt aber voraus, dass dieser auch Geld hat. Wenn nicht, bleibt man auf den Kosten sitzen. Außerdem gibt es noch den Worst Case zu bedenken, wie Jelly warnt: „Bei einer Klage, die nicht völlig klar ist, könnte es passieren, dass man in zwei Instanzen gewinnt, der Gegner dann aber noch bis zum Obersten Gerichtshof geht und dieser anders entscheidet: Man verliert und muss dann für alle drei Instanzen bezahlen.“

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Nicht vor Gericht zu ziehen, ist doch gegen das Geschäft des Anwalts. Der Anwalt wird mir also nie von einem Prozess abraten?

Antwort:
Falsch. „Wenn etwas rechtlich nicht durchsetzbar ist, weil ein Klient etwa Recht und Moral verwechselt, wird kein Anwalt einen Prozess anstrengen“, sagt Jelly und verweist noch einmal darauf, wie wichtig es ist, dass ein Anwalt seinen Mandanten eine realistische Darstellung von Erfolgsaussichten und Risiken gibt. „Prinzipiell ist der Weg zu Gericht die letzte Option, um Ansprüche durchzusetzen. Am besten erfolgt eine Klärung außergerichtlich. Wenn ein Klient aber erst dann zum Rechtsanwalt kommt, wenn der Karren schon komplett verfahren ist, nimmt er sich selbst diese Möglichkeit“, betont Kropiunig. Seine Empfehlung: „Statt zu fragen, wie teuer ein Anwalt ist, sollte man sich lieber die Frage stellen, was es gekostet hätte, wenn man seine Hilfe nicht in Anspruch genommen hätte.“