Der damals 17-jährige Sohn unserer Leserin wurde im Vorjahr am helllichten Tag auf einem Grazer Parkplatz von der Polizei mit 11 Stück Zigaretten erwischt und angezeigt, weil Jugendlichen dies laut Jugend(schutz)gesetz in der Steiermark (wie auch in Kärnten) bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres verboten ist. „Ich bekam daraufhin eine Strafverfügung wegen Verletzung meiner Aufsichtspflicht“, erzählt die Frau, deren Mann damals bis zum Jahresende beruflich im Ausland war. „In meinem mündlichen Einspruch habe ich beteuert und erklärt, alles Mögliche getan zu haben, um meinen Sohn vom Rauchen abzuhalten, dennoch habe ich im März ein Straferkenntnis mit einer Verwaltungsstrafe von 132 Euro erhalten. Dagegen hat mein Mann in meinem im Namen sofort eine Beschwerde eingereicht - mir geht es derzeit gesundheitlich nämlich nicht gut“, schildert die Leserin den Sachverhalt. Ihr Mann und sie seien überzeugt, als Eltern alles getan zu haben, um die betreffenden Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes einzuhalten. „Trotzdem wurden wir jetzt in dieser Sache zu einer Verhandlung am steirischen Landesverwaltungsgericht geladen“, erzählen die Eltern und bitten um Hilfe bzw. rechtlichen Beistand.
Wir haben den Grazer Rechtsanwalt Harald Christandl um seine Rechtsmeinung zu diesem kuriosen Fall gebeten. Er sagt: „Meine Recherche hat ergeben, dass derartige Fälle, bei denen ein Jugendlicher beim Rauchen oder auch nur im Besitz von Zigaretten erwischt wird, durchaus öfters von den Behörden geahndet und daher Straferkenntnisse gegen die jeweiligen Aufsichtspersonen erlassen werden. Von diesen wird daraufhin verständlicherweise oft Beschwerde erhoben und die Sache landet schlussendlich vor dem Landesverwaltungsgericht.“
Das Problem bei der Sache: „Laut Steiermärkischen Jugendgesetz (StJG) müssen Aufsichtspersonen von Kindern und Jugendlichen dafür Sorge tragen, dass die in diesem Gesetz festgeschriebenen Regeln – somit auch das Rauchverbot bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – eingehalten werden. Es wird aber nicht näher definiert, was unter dem Wortlaut ,Sorge tragen’ zu verstehen ist. Hier hat der Gesetzgeber eine zu wenig genau determinierte Bestimmung getroffen“, sagt der Jurist. Auch in den Erläuterungen zum StJG lasse sich keine Konkretisierung finden, was zur Folge habe, dass die Beurteilung, ob im ausreichenden Maß „Sorge getragen“ wurde, immer nur auf den Einzelfall bezogen von den Behörden zu beurteilen ist.
Christandl: „Dies gibt den Behörden einen weiten Spielraum bei der Beurteilung solcher Fälle und birgt die Gefahr einer überschießenden Auslegung. Die Aufsichtsperson würde aus meiner Sicht ausreichend ,Sorge tragen’, wenn sie die Kinder über die Gefährlichkeit des Rauchens aufklärt und den Besitz von Rauchwaren sowie das Rauchen verbietet.“
Wie ein Erziehungsberechtigter dafür sorgen soll, dass ein 17-Jähriger am Nachmittag keine Zigaretten mit sich führt, sei mehr als fraglich. „Um so etwas zu unterbinden, wäre eine Beaufsichtigung des Jugendlichen rund um die Uhr notwendig, was vollkommen unmöglich und zudem völlig realitätsfern wäre,“ betont der Anwalt.
Schon der Besitz genügt
Zur Frage, ob allein der Besitz von Tabakwaren durch Jugendliche strafbar ist, oder lediglich das Rauchen, sagt er: „Paragraf 18, Absatz 2 des StJG besagt, dass der Erwerb, Besitz und Konsum von Tabak- und verwandten Erzeugnissen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr verboten ist. Besitz in diesem Sinne bedeutet, dass, auch wie bei dem von Ihnen geschilderten Fall, das bloße Innehaben - sprich Zigaretten eingesteckt zu haben - schon ausreicht, um gegen die Bestimmungen des StJG zu verstoßen. Der Begriff des Innehabens stellt nur darauf ab, ob man die unmittelbare Verfügungsgewalt über eine Sache hat und nicht, ob auch der Wille diese zu behalten besteht.“
Christandls Resümee: „Es ist durchaus ratsam, Beschwerde gegen solch ein Straferkenntnis zu erheben, da die auferlegte Strafe vom Landesverwaltungsgericht gesenkt oder auch gänzlich aufgehoben werden kann. Jedoch ist dafür immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen und es kann nicht pauschal garantiert werden, dass die Strafe aufgehoben oder verringert wird.“ Die Ratio des Gesetzes ist, wie Christandl betont, jedenfalls die Prävention von Jugendlichen und nicht die Sanktion von Aufsichtspersonen. „Es wäre begrüßenswert, wenn einerseits der Gesetzgeber - in diesem Fall das Land Steiermark - die Gesetzesstelle entsprechend konkretisiert und anderseits die Exekutive die Anwendung lebensnah praktiziert.“ Ein gutes Beispiel dafür biete das Kärntner Jugendschutzgesetz, von dem zwar ähnliche Bestimmungen wie in der Steiermark ableitbar sind, aber von einer Aufsichtspflicht im „zumutbaren Rahmen“ die Rede ist. „Das entschärft die Problematik“, betont Christandl.
Unsere Leserin war mit Hilfe dieser Beratung jedenfalls erfolgreich vor Gericht: Das Straferkenntnis wurde aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. "Wir waren immer Nicht-Raucher und unser Sohn rührt jetzt auch sicher keine Zigaretten mehr an", lässt uns die Mutter wissen.