1. Wer ein „anwaltliches Mahnschreiben“ wegen Besitzstörung erhält, wird erfahrungsgemäß zur Zahlung von Beträgen zwischen 150 und 300 Euro aufgefordert. Warum diese Bandbreite, Herr Magister Gießauf?
ANTWORT: Einerseits hat der Anwalt je nach Einzelfall unterschiedlich viel Arbeit mit der Angelegenheit, andererseits geht es streng genommen aber auch um einen Schadenersatzanspruch des in seinen Rechten verletzten Auftraggebers. Allein schon deshalb können die Kosten variieren. Hinzu kommt, dass es für die vom Anwalt vorbereitete Unterlassungserklärung, die mit dem Mahnschreiben mitgeschickt wird, keine exakten Tarifansätze gibt, sondern eine Bewertung nach den Grundsätzen des Anwaltstarifgesetzes vorzunehmen ist.
2. Was kann einem passieren, wenn man die Unterlassungserklärung unterschreibt, die Anwaltskosten aber nicht bezahlt?
ANTWORT: Eine Besitzstörungsklage kann dann nicht mehr eingebracht werden – weil keine Wiederholungsgefahr besteht. Die vorgeschriebenen und nicht bezahlten Vertretungskosten müssten dann im gewöhnlichen streitigen Rechtsweg aus dem Titel des Schadenersatzes eingefordert werden.
3. Was passiert hartnäckigen Wiederholungstätern, die bereits eine Unterlassungserklärung unterschrieben und die Anwaltskosten bezahlt haben?
ANTWORT: Sie riskieren eine deutlich kostspieligere Unterlassungsklage per Gericht.
4. Können „gestörte“ Eigentümer auch gleich eine Klage einbringen? Und wie viel kostet das dann?
ANTWORT: Ja, das Recht dazu haben Sie. Klage, Schriftsatz und eine Verhandlung bis zu einer Stunde ergeben (samt Barauslagen und Gerichtsgebühren) schnell einen Bruttogesamtbetrag von mehr als 600 Euro. Der Betrag wird dem in seinem Besitzstand gestörten Kläger als Kostenersatz zugesprochen.
5. Macht es einen Unterschied, ob man eine Minute oder tagelang auf „verbotenem Grund“ steht?
ANTWORT: Auf die Dauer der Störungshandlung kommt es im Rahmen der Besitzstörung nicht an. Die Rechtssprechung sieht bereits ein sehr kurzes Abstellen eines Fahrzeugs als ausreichend für eine solche an.
6. Kann man auch auf Besitzstörung verklagt werden, wenn ein Privatgrund gar nicht als solcher erkennbar ist?
ANTWORT: Diese Frage war und ist in Lehre und Rechtsprechung umstritten. Nach neuerer Rechtsprechung kann man aber sagen, dass das Vorliegen einer Besitzstörung nichts mit dem Willen oder dem Kenntnisstand eines Störers zu tun hat. Der Besitzer kann einem Störer zukünftige Eingriffe auch dann untersagen, wenn dieser gar nicht erkannte, dass er überhaupt in fremden Besitz eingriff! Bei objektiver Nichterkennbarkeit des fremden Besitzes fehlt für eine erfolgreiche Besitzstörungsklage aber schlichtweg die Wiederholungsgefahr: Von jemandem, der im Irrtum gehandelt hat und über diesen Irrtum aufgeklärt wurde, kann man ja berechtigterweise annehmen, dass er diesen Fehler nicht noch einmal begeht.
7. Binnen welcher Frist kann eine Besitzstörungsklage eingebracht werden?
ANTWORT: Es gibt eine Frist von 30 Tagen, die zu laufen beginnt, wenn man sowohl Kenntnis von der Störung hat als auch von der Identität des Störers. Im Falle einer Besitzstörung durch ein unerlaubt auf Privatgrund abgestelltes Auto beginnt die Frist also erst zu laufen, wenn der „gestörte Grundeigentümer“ von der Zulassungsstelle die Auskunft bekommen hat, wem das Fahrzeug überhaupt gehört.