Der 70-jährige Bruder unserer Leserin hatte im Vorjahr mit seinem Motorrad bei einer privaten Fahrt auf dem steirischen Red-Bull-Ring einen schweren Unfall, durch den er zum Pflegefall wurde. „Mein Bruder ist seit Jahrzehnten ein begeisterter Motorradfahrer, dem es nie ums Rasen ging. Als wir vom Unglück erfuhren, waren wir nur froh, dass er seit vielen Jahren eine private Unfallversicherung hatte“, erzählt die Schwester. Umso größer sei die Erschütterung gewesen, als sich herausstellte, dass die Familie nach dieser Tragödie auf ihren Kosten für die seither nötige 24-Stunden-Pflege und den Umbaukosten für ein barrierefreies Zuhause sitzen bleibt. „Seine Unfallversicherung zahlt prinzipiell schon bei Motorradunfällen, aber leider nicht auf privaten Rennstrecken“, sagt die Schwester. Den Ring-Betreibern nimmt sie nur eines übel: „Die weisen zwar auf das Problem hin, aber nur im Kleingedruckten nach x anderen Punkten, die man als Ring-Benutzer unterschreibt. Dass Spielberg nicht haftet, ist ja klar, aber auch nicht die eigene Versicherung? Das gehört doch fett auf Seite eins!“ Kleiner Nachsatz: „Auch die Kosten für den Hubschrauberflug ins Krankenhaus waren nicht gedeckt. Die Sozialversicherung zahlte hier nur aus Kulanz.“

Was ist wann gedeckt?

Was man nun als tragischen Einzelfall abtun könnte, wirft die Frage auf: Bei welchem Sport auf welchem Gelände gibt es überhaupt einen Schutz durch die private Unfallversicherung? Macht es einen Unterschied, ob man einmal im Leben auf einer privaten Rennstrecke fährt oder regelmäßig, ob man sich samt Sportgerät auf ungesichertes Gelände begibt oder auf bewährten Trampelpfaden bleibt?

Reinhard Jesenitschnig ist akademischer Versicherungskaufmann, Lehrbeauftragter für Schadenregulierung und Schadenmanagement an der Donau-Uni Krems und Versicherungsmakler. Sein neues Buch „Der Schaden in der Sachversicherung - das Handbuch für die Praxis“ erschien im Leykam-Verlag, 29,30 Euro.
Reinhard Jesenitschnig ist akademischer Versicherungskaufmann, Lehrbeauftragter für Schadenregulierung und Schadenmanagement an der Donau-Uni Krems und Versicherungsmakler. Sein neues Buch „Der Schaden in der Sachversicherung - das Handbuch für die Praxis“ erschien im Leykam-Verlag, 29,30 Euro. © Bernhard Horst
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Der Kärntner Versicherungsexperte Reinhard Jesenitschnig sagt dazu: „In jeder privaten Unfallversicherung gibt es einen Katalog an Ausschlüssen; meist handelt es sich um Tätigkeiten, die für die Versicherung ein großes Gefahrenpotenzial enthalten.“ Üblich sei etwa der Ausschluss der Nutzung von Fallschirmen oder Heißluftballons sowie die Teilnahme an sportlichen Wettbewerben unterschiedlicher Disziplinen.  Ist nun auch schon der Wettkampf von fünf Freunden, von denen jeder der Schnellste sein will, ein solcher Ausschlussgrund? „Nein, aus meiner Sicht wäre zumindest eine offizielle Zeitnehmung nötig, also wenn ein Verein dahintersteht. Generell meinen Versicherer in erster Linie Bewerbe ab Landesligen.“ Auch beim Bergsteigen und Klettern ab höheren Schwierigkeitsstufen steige die Versicherung häufig aus. Der Ausschluss von Motorradfahrten von Privatpersonen auf Rennstrecken zeigt sich nach Jesenitschnigs stichprobenartiger Durchsicht der Unfallbedingungen von vier prominenten Anbietern nur in einem Fall. Fazit: „Jede Versicherung gestaltet ihren Ausschlusskatalog anders. Was ausgeschlossen ist, muss aber in jedem Fall im Vertrag stehen. Was nicht drinsteht, ist versichert“, sagt der Experte und ergänzt: „Wie oft man etwas macht, ist völlig egal.“

Und was gilt bei Unfällen im Wintersport auf schwierigen, eventuell sogar gesperrten Pisten? „Solange man nicht an einem Wettbewerb teilnimmt, zahlt die Versicherung“, sagt Jesenitschnig und ergänzt: „Der Ausschluss der Fahrlässigkeit ist bei Unfallversicherungen kein Thema.“
Grundsätzlich gilt: „Die Unfallversicherung ist konzipiert für den durchschnittlichen Menschen, der ein bisschen Sport betreibt und sich dabei auch im Gelände bewegt.“ Wer das Übliche macht, werde also in 99 Prozent aller Fälle Versicherungsschutz haben - „wenn er nicht gerade einen Gutschein für einen Fallschirmsprung oder eine Fahrt auf einer Rennstrecke geschenkt bekommt.“

Alle Hobbys besprechen

Jesenitschnigs dringende Empfehlung für alle, die eine Unfallversicherung abschließen möchten: „Geben Sie dem Versicherer alle ihre sportlichen Aktivitäten bekannt. Wenn etwas auch nur ein wenig außerhalb der Norm liegt, ist zu prüfen, ob es in der Versicherung ausgeschlossen ist, ob es eventuell ein anderer Versicherer miteingeschlossen hat oder ob Sie es mit einem Aufschlag auf die Prämie mitversichern lassen möchten.

Krankentransport

Ein wichtiger Baustein bei Unfallversicherungen sind laut Jesenitschnig auch die Bergekosten, für die man eine ausreichende Summe vereinbaren sollte. „Ich hatte gerade einen Fall auf dem Schreibtisch, da wurde jemand mit dem Hubschrauber vom Nassfeld nach Villach gebracht, das sind vielleicht 60 Kilometer Luftlinie. Kostenpunkt: 6000 Euro.“ Im Ausland - die Unfallversicherung gilt ja weltweit - komme man mit solchen Summen freilich nicht weit. Dafür könne man Rückholkosten in einer Reiseversicherung abschließen. „Es ist jedenfalls wichtig, bei einer Unfallversicherung genau auf die einzelnen Bausteine und die Ausschlüsse in den Bedingungen zu achten!“

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