"Es passt zu mir und meinem Leben, dass ich ein besonderes Kind habe“, sagt Nina Feichter (30), während sie für Oskar, der im Dezember zwei Jahre alt geworden ist, einen Turm aus bunten Schachteln baut, den der fröhliche Kleine jauchzend umwirft. „Er ist ein lustiges, witziges Kind und hat das Talent, einem ganz klar zu zeigen, was wichtig ist und worauf es ankommt“, sagt Nina, während Oskar auf dem Teppich sitzt und genüsslich in seine große Zehe beißt. „Er ist extrem beweglich, das kommt von der Muskelschlaffheit.“ Deshalb kann Oskar, der ein zusätzliches 21. Chromosom hat, noch nicht alleine gehen, zieht sich aber schon am Tisch hoch und freut sich ungemein, wenn es ihm gelingt.
Seine Sprache ist ein Kauderwelsch, er verwendet Gebärden und zeigt einen langen Bart, wenn er „Opa“ meint. „Wir haben eine eigene Form der Kommunikation. Es gibt schon über hundert Wörter, die er konkret versteht“, erklärt Nina, die keine Sekunde daran gedacht hat, „ihn nicht zu kriegen“. Auch Oskars Vater und die gesamte Familie hätten sich von Anfang an für Oskar entschieden. Er sei der von allen geliebte Mittelpunkt. „Ich komme aus einer bunten Familie mit sozial engagierten Eltern und einer Adoptivschwester aus Äthiopien, da hat Oskar genau hineingepasst.“
Einen neuen Weg gehen
Um Frauen, die nicht so ein positives Umfeld haben, Mut zu machen und die Akzeptanz für Kinder mit dem „zusätzlichen Baustein“ zu vergrößern, schreibt Nina einen Blog im Internet (www.ninaundoskar.at).
„Mir geht es um Aufklärung. Jede schwangere Frau – auch eine junge wie ich – kann mit der Diagnose Downsyndrom konfrontiert werden. Ich möchte aufzeigen, wie viel Spaß es machen kann, die Welt mit anderen Augen zu sehen, wie großartig das Leben sein kann, wenn man sich traut, einen neuen Weg zu gehen, und wie aufregend und fantastisch es ist, auf sein Herz zu hören, bedingungslos zu lieben und sich selbst die Chance zu geben, mutig zu sein.“
Zur Illustration hat Nina eine Plakataktion gestartet: Oskar in der Mitte und darüber der Spruch „Schau nit so blöd! Ich könnte auch dein Sohn sein“. Und darunter: „Von 800 Kindern bin ich das eine mit Down Syndrom. Ich durfte zur Welt kommen. Meine Mama und ich sind glücklich!“ Auf Facebook wurde ihr Posting 13.000 Mal geteilt.
Dass sich heute 90 Prozent der Eltern nach der Diagnose Downsyndrom (auch: Trisomie 21) für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, liege auch an mangelnder Aufklärung, ist Nina überzeugt. „Niemand sagt einem, wie das Leben mit so einem besonderen Kind ist. Wenn die Kinder mehr in unserer Mitte wären, würden viel mehr von ihnen auf die Welt kommen dürfen.“ Der kleine Oskar soll einmal in der Mitte der Gesellschaft stehen. Wenn er groß sei, solle die Gesellschaft so aufgeklärt sein, dass er zwischen 50 Lehrstellen wählen könne, weil die Betriebe wüssten, dass er eine Bereicherung sei, formuliert Nina einen Muttertagswunsch.
Mut zum Anderssein
Oskar solle auch selbstbestimmt in einer Wohngemeinschaft leben können. Er habe eine hohe soziale Kompetenz, sagt sie über den Kleinen, der viele Freunde in der Spielgruppe hat. „Er will mit den anderen teilen, nie ihnen etwas wegnehmen“, freut sich seine Mutter, die vor vier Jahren aus Wien, wo sie als Regieassistentin gearbeitet hat, nach Kärnten zurückgekehrt ist. Die Liebe zu Musicals hat der Kleine wohl von ihr, die Aristocats sind seine Favorites.
„Er ist ein absolutes Geschenk. Er hat mich mit mir und der Welt versöhnt“, sagt Nina, die studiert und bei einer Eventagentur arbeitet und sich mehr Unterstützung für Alleinerzieherinnen und mehr gegenseitige Wertschätzung unter Frauen wünscht.
Vor allem möchte sie die Unwissenheit der Menschen durch Interesse und Empathie ersetzen, um die Welt für ihren Sohn schöner zu machen. „Ich wünsche mir mutige Menschen um ihn herum. Mit Mut zum Leben und zum Anderssein.“
Elke Fertschey