Die erste Frage, die man sich unweigerlich stellt, wenn man Sonys neue PlayStation 5 aus ihrer Verpackung nimmt, wirkt unzeitgemäß: Moderne Laptops sind dünn wie ein Block Papier, Handys sind nur noch kleine schwarze Spiegel – aber wie soll dieses riesige Ding im Wohnzimmer Platz haben? Die PlayStation 5 sieht aus als hätte Apple einen Pinguin designt und ist auch ungefähr so groß, ein vornehmes weißes Frack-Sandwich verwandelt die ansonsten immergleiche schwarze Toaster-Anmutung der Spielkonsolen in ein Statement: Seht her, das ist die nächste Generation. Und die fordert ihren Platz ein.
Konsolen sind keine Handys, Computer sind sie zwar, aber sie unterliegen eigenen Gesetzen. Im Gegensatz zu den jährlichen Updates der Tech-Branche schlagen sie ein gemütlicheres Tempo an: Sieben Jahre hat die PlayStation 4 mittlerweile am Buckel, vom 4K-Refresh vor vier Jahren einmal abgesehen. Höchste Zeit also für die neue Maschine – und welche Zeit es ist: Zum Start der letzten Generation waren Massenaufläufe vor den Geschäften, gestürmte Regale und Mitternachts-Starts noch gute alte Tradition. Doch wer nun glaubt, heuer liefe alles gesitteter und ruhiger ab, der irrt – nur das Schlachtfeld ist ein anderes: Die PS5 gab es zum Start letzte Woche nur online zu bestellen, ausverkauft war sie aber schon seit Spätsommer. Die Hoffnungen, heuer noch eine Konsole unter dem Weihnachtsbaum zu finden, sind dünn. Denn die Gaming-Branche ist durchaus das, was man als Krisengewinner bezeichnen könnte: Die Absätze haben sie durch die Corona-Pandemie weltweit fast verdoppelt, einer deutschen Studie zufolge spielen heuer doppelt sie viele Menschen wie zuvor Videospiele. Spielend durch den Lockdown also.
Die inneren Werte
Was zählt, besonders bei Konsolen, sind die inneren Werten. Revolutionen der digitalen Welt zettelt man schließlich nicht mit Äußerlichkeiten an, schiere Größe hin oder her. Die PS5 gibt es, ähnlich wie die Xbox-Konkurrenz aus dem Hause Microsoft, in zwei Versionen: mit Disc-Laufwerk für 499 Euro und ohne, also nur für Downloads geeignet, um 399 Euro. Natürlich kennt auch die PS5 alle multimedialen Standards und bringt von Netflix bis DAZN und Sky alles auf den Fernseher, was sich Unterhaltung nennt. Wer aber eines der hunderten PS4-Spiele und der Handvoll zum Start erhältlichen PS5-Games startet, merkt sofort: Die Revolution ist nicht auf den ersten Blick sichtbar, aber spürbar. Spiele laden zwar dank neuer SSD-Festplatte im besten Fall eben nicht mehr, sondern katapultieren den Gamer mit einem Wimpernschlag in digitale Parallelwelten. Doch der eigentliche Star der ersten Tage der neuen PlayStation-Generation ist der Controller.
Der "DualSense" ist, das scheint jetzt schon Tradition zu haben, ebenfalls größer. Aber zugleich liegt er besser in der Hand, er ist ergonomischer, haptischer. Unter der Haube aber werkeln viele kleine Vibrationsmotoren, die das Spielgeschehen im wahrsten Sinne spürbarer machen: Egal ob Sand unter den Füßen, Wind um die Ohren oder ein Motor unter dem Hintern – der Controller fügt dem virtuellen Erlebnis etwas noch nie dagewesenes Reales hinzu. Zusammen mit dem neuen Audio-Chip, der vor allem über Kopfhörer für ungemein lebensnahe, dreidimensionale Soundeffekte sorgt, entsteht zum ersten Mal das Gefühl einer "neuen Generation".
Grafischer Vorgeschmack
Denn alleine optisch, wie das üblicherweise bei neuen Konsolen der Fall ist, ist der erwartete Sprung derzeit noch schwerer auszumachen. Das liegt daran, dass die meisten Games derzeit noch für die alte und neue Generation gleichermaßen erscheinen und die Grafik-Features der PS5 deshalb noch kaum ausreizen können. Exklusivtitel wie das erbarmungslose Rollenspiel "Demon´s Souls" geben aber einen Ausblick, was machbar ist, wenn sich Entwickler ganz auf die neue Hardware konzentrieren können: Details, Effekte und Glaubwürdigkeit des Dargebotenen suchen, solange das hauseigene Wohnzimmer über 4K-TV mit HDR für lebensechte Farben verfügt, ihresgleichen. Die Konsole kommt dabei auch zu keiner Sekunde ins Schwitzen und säuselt maximal leise vor sich hin - kein Vergleich zu dem Laubgebläse, das die PS4 regelmäßig durchs Wohnzimmer prustete.
Einziger Wermutstropfen einer Konsole, die erst nach Jahren wirklich zu bewerten sein wird, aber schon in den ersten Tagen ein riesiges Potenzial zu erkennen gibt, ist die Festplatte. Denn die bietet nur rund 670 Gigabyte an für den Spieler verfügbarem Speicher. Für eine Konsole, die sich anschickt die Größte zu sein, ist das dann doch etwas zu klein.
Sebastian Krause