Schwangerschaft, Fastenzeit, verschriebene Medikamente oder ganz einfach die Heimfahrt mit dem Auto: Es gibt viele gute Gründe, auf Alkohol zu verzichten. Doch so wie allgemeinhin bekannt ist, dass Essen und Trinken zusammen gehören, trifft das letztendlich auf Wein ganz besonders zu. Wein ist zum einen das mitunter passendste Getränk zu einem herrlichen Mahl, andererseits ist es aber eben auch eine Zutat zum Essen. Doch was tun wenn man aus den oben genannten Gründen darauf verzichten will oder muss?
Weingenuss ohne Prozente. Das klingt zumindest nach einer Alternative. Theoretisch. Aber auch praktisch? Im Trend liegt das Thema seit einiger Zeit. Immer mehr Menschen, vor allem junge, möchten nicht auf Wein verzichten, wohl aber auf Alkohol: die einen, weil sie Sportler, die anderen, weil sie Lifestyler sind. Ob diese Annahme ein Klischee ist und wie man sich dem Thema Wein ohne Umdrehungen am besten nähert, haben wir Sommelier Petr Hlinak vom mit vier Hauben ausgezeichneten Restaurant „Am Pfarrhof“ in St. Andrä im Sausal gefragt:
Es gibt ja schon seit einer Weile den Trend zu alkoholfreien Spirituosen, auch vom Interesse an alkoholfreien Weinen liest man immer öfter. Können Sie sich diesen Trend erklären und wird so etwas auch bei euch im Restaurant des öfteren nachgefragt?
PETR HLINAK: Der Konsument möchte immer etwas Neues entdecken und ich glaube, dass der gesunde Lebensstil sich immer mehr durchsetzt. Die Leute müssen viel konzentrierter durch den Tag gehen, da kann man sich nicht immer alkoholische Getränke erlauben. Alkoholfreier Wein wird bei uns im Restaurant eher selten bestellt. Im Keller haben wir nur eine Sorte. Aber wir merken eine sehr große Nachfrage nach unserer alkoholfreien Getränkebegleitung, die größtenteils hochwertige Säfte, Kombuchas und Kräuterauszüge umfassen, abgestimmt auf die einzelnen Gerichte.
Kann man schmecken, dass der Wein keinen Alkohol enthält?
Ja. Natürlich kann man es rausschmecken, Alkohol ist ja auch Geschmacksträger.Riecht und schmeckt alkoholfreier Wein wie der Echte?
Meiner Meinung nach gibt es sensorisch einen klaren Unterschied. Der „echte“ Wein zeigt echte, natürliche Aromen, weniger aufgesetzt und plakativ als beim Alkoholfreien. Aber wie wir wissen, ist auch Wein nicht gleich Wein. Wir bevorzugen in unserem Restaurant charaktervolle Weine, die ihre Herkunft aber auch die Philosophie des Winzers sehr schön widerspiegeln. Hier geht es um viel mehr Tiefgang als um eine geschmacklich oberflächliche Wahrnehmung. Die alkoholfreien Weine die ich bisher verkostet habe, konnten bei mir nicht dieselben Emotionen wecken, die ich bei Wein erlebe.
Wein ohne Alkohol – ist das überhaupt noch Wein und wie unterscheidet er sich vom herkömmlichen Traubensaft?
Der alkoholfreie Wein wird, wie ein normaler Wein hergestellt, wo sich im Prozess durch die nachträgliche Entfernung des Alkohols klar ein Unterschied ergibt. Wobei hier immer noch ein Alkoholgehalt von 0,5 Vol.-% bestehen bleibt. Aufgrund des massiv technischen Eingriffs auf den Wein werden bei der Entfernung des Alkohols auch die natürlichen Geschmacks- und Aromenstoffe gemindert. Traubensaft ist hingegen ein natürliches Produkt. Der süße Traubensaft wird hier lediglich pasteurisiert, um die alkoholische Gärung zu unterbinden. Geschmacklich ist Traubensaft süßer und „traubiger“.
Gibt es zu diesem Thema Reaktionen der Winzer und Weinproduzenten aus unserer Region? Wird so etwas diskutiert?
In meinem Umfeld wurde darüber noch sehr wenig gesprochen. Man muss aber erwähnen, dass der Weg klar in Richtung Qualität geht. Mit so wenig Eingriffen in der Weinherstellung wie möglich. So soll das Produkt möglichst natürlich „eingefangen“ werden.
Würden Sie sagen, dass alkoholfreier und alkoholhaltiger Wein durchaus in derselben Liga spielen oder ist alkoholfreier Wein als ein anderes Getränk zu sehen?
Ich denke man muss hier klar die beiden Produkte unterscheiden denn ein Vergleich ist schwer möglich. Die Grundidee der beiden Produkte ist grundlegend verschieden, weshalb ein Wein für mich einen ganz anderen Stellenwert hat.