Lektion Nummer 1 beim Kren essen: die richtige Atmung. Die haben wir einst während der jugendlichen Sturm-und-Drang-Zeit nach feucht-fröhlichen Nächten am Grazer Hauptplatz beim legendären Hidi’s Wursttempel gelernt. Der fragwürdige Macho-Wettbewerb: Wer schafft es, mehr von der geriebenen Wurz mit korrespondierendem Käsekrainer-Hotdog zu verzehren? Um es kurz zu machen: schöne Szenen haben sich dabei nicht abgespielt.
Video: Lieperts Krenschaum-Suppe
Zuerst kribbelt es in Gaumen und Nase, dann läuft das Gesicht rot an, Schweiß bricht aus den Poren, Tränen laufen über die Wangen: Die unmittelbare Wirkung von Kren kennt wohl jeder, der sich versehentlich schon einmal zu viel davon auf sein Osterjausen-Brot gelöffelt hat. Doch man lernt fürs Leben. Und alt, aber weise: die Dosis macht das Gift. Es ist nämlich nur eine kurze, schmerzende Schärfe, die sich dann aber sogleich in Wohlgefallen auf dem Gaumen auflöst, während wir ein kleines Tränchen vergießen.
Gleich nachkochen!
Die scharfe Wurz macht eben genau das, was sie tun muss, um ihrem Namen gerecht zu werden. Dieser kommt nämlich aus dem Slawischen. Das Wort Kren, das wir Österreicher für den im deutschen Sprachraum als allgemein bekannten Meerrettich verwenden, wird von „krenas“ (weinen) abgeleitet. Dann ist wohl alles klar, oder? Und ganz wichtig: er lässt sich keineswegs nur frisch gerieben zur Jause genießen. Gewitzte Köche veredeln mit ihm auch Vor-, Hauptspeisen, Beilagen, Aufstriche, Salate oder Süßspeisen.Kren-Fan ist auch Manuel Liepert. In seiner Küche im „Liepert’s Kulinarium“ in Leutschach geht er den Zutaten auf den Grund und kreiert neue, zeitgemäße südsteirische Gerichte. „Meiner Meinung nach gibt Kren dem Essen noch einmal den richtigen Kick und er hat die Fähigkeit ein Gericht abzurunden. Macht vieles einfach einen Tick spannender“, erklärt der kreative Koch, warum er Kren immer wieder gerne in seine Kreationen einbaut.
Schaut man ihm in seiner Küche beim Hantieren mit der scharfen Wurz zu, fällt sofort auf, dass er ihn nicht klassisch mit einer Reibe reibt, sondern mit einem Messer schabt. „Dadurch reißt man die Fasern auf und ich finde, dass dann der Geschmack vom Kren intensiver ist“, rät Liepert.
Für unser heutiges Gericht hat sich der leidenschaftliche Koch eine Krenschaumsuppe einfallen lassen. „Dabei ist es wichtig den Kren erst ganz zum Schluss, nach dem Mixen der restlichen Zutaten, beizumengen“, macht der Küchenchef deutlich. „So entfaltet er seine Wirkung am Besten und es besteht auch nicht die Gefahr, dass er beim Verkochen zu bitter wird.“