Insekten sind die Zukunft. Das hört man in kulinarischen Kreisen schon seit einigen Jahren immer wieder. Topi Kairenius etwa ist Finnlands führender Insektenkoch. Er hält Vorträge quer durch Europa. Seine Botschaft: Der stetig steigende Hunger der Welt soll mit tierischem Protein nachhaltig und klimaschonend gestillt werden. Geht es nach ihm und einigen anderen Experten, werden in den nächsten 20 Jahren etwa 40 Prozent des von uns verzehrten Fleisches durch andere Lebensmittel ersetzt werden. Darunter eben auch Insekten.
Bereits seit 2019 züchtet Andreas Koitz mit seiner Firma Prime Insects bei Bad St. Leonhard als erster österreichischer Betrieb Mehlwürmer (Tenebrio molitor) als Lebensmittel. "Natürlich verstehe ich es, wenn Menschen das erste Mal einen gerösteten Mehlwurm vor sich haben und sich davor ekeln, ihn zu essen", zeigt sich der Kärntner verständnisvoll. "Aber ganz ehrlich: Noch vor nicht gar nicht allzu langer Zeit hätte in unseren Breitengraden auch niemand Sushi oder Sashimi gegessen."
Gleich nachkochen!
Das stimmt. Wir essen auch Garnelen, die sich optisch gar nicht so großartig von Mehlwürmern unterscheiden. Das hat damit zu tun, dass bei uns in Europa Insekten als unrein und unhygienisch gelten. "Deswegen ist es sehr schwierig, diese Hürde zu nehmen", sagt Koitz. Aber sobald man Insekten einmal probiert hat, merkt man, dass sie nichts Besonderes sind. Dass sie teilweise sogar richtig gut schmecken können.Wir Menschen lernen, was "pfui" und was "gschmackig" ist, von unseren Eltern. Alles, was es an Tabus gibt, ist sozial erlernt. Kein einziges von diesen Dingen ist angeboren. Was also spricht alles für Insekten am Teller? "In erster Linie ist es ihr sehr hoher Proteinanteil. Außerdem wachsen Insekten sehr schnell und brauchen verhältnismäßig wenig Ressourcen, sprich Wasser und Futtermittel", erklärt Koitz. Kurz: Insektenfarmer sind die neuen Biobauern.
Der Klimamehrwert der Krabbelspeisen ergibt sich schon aus der Tatsache, dass sich ein Großteil der mehr als zweitausend zum Verzehr für geeignet erachteten Speiseinsekten billigst auf organischen Abfällen vermehren lässt und diese dazu bei Umgebungstemperatur ohne Energieverluste durch die Eigentemperaturregelung wie beim konventionellen Vieh massenhaft gedeihen.
Produktionsstätte des Kärntner Insektenzucht-Pioniers ist der Krumschinkhof hoch über dem Kärntner Lavanttal. Hauptabnehmer sind seit zwei Jahren internationale Firmen, die Lebensmittel mit Mehlwürmern kreieren. Diese beziehen von Prime Insects die Würmer zermahlen zu Pulver oder vorgekocht im Ganzen.
Und wie nähert man sich als passionierter Hobbykoch dem Thema Insekten als Nahrungsmittel? Wir haben beim nicht weit entfernt von der Insektenfarm gelegenen Restaurant "Die Mühle #10" in Reichenfels angefragt. Chef Harald Theißbacher hat zwar noch nie mit diesem Produkt gearbeitet, stellte sich aber gerne der Herausforderung.
Für den Einstieg in die kulinarische Welt der Insekten entschied er sich für einen genial einfachen Mehlwurm-Linsen-Aufstrich. Dafür wird Mehlwurm-Pulver in die Masse eingearbeitet, es werden aber auch geröstete Mehlwürmer im Ganzen als knuspriges Topping verwendet. Fazit der vor Ort Anwesenden: Schmeckt erfrischend anders, aber doch vertraut. Vor allem nussig, lautet die einhellige Meinung.