20 Prozent aller Früchte aus Brasilien, die in den heimischen Supermärkten landen, enthalten in der EU verbotene Pestizide. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch publizierten Studie der Umwelt-NGO Greenpeace. Dabei nahmen die Umweltschützer das Obstsortiment von fünf Einzel- und Großhändlern unter die Lupe. "Die Ergebnisse des Tests zeigen einen besorgniserregenden Giftkreislauf", sagte Sebastian Theissing-Matei, Agrarexperte bei der NGO.
Für den Test kauften die Expertinnen und Experten von Greenpeace unter anderem Mangos, Papayas, Melonen, Trauben, Limetten oder Feigen bei den Ketten Hofer, Lidl, Billa, Metro und Transgourmet sowie am Brunnenmarkt in Wien ein. Daraufhin wurden die insgesamt 16 Proben vom Labor (LVA GmbH) im niederösterreichischen Klosterneuburg untersucht. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) aller untersuchten Früchte enthielten laut NGO-Angaben gesundheitsgefährdende oder umweltschädliche Pestizide, jede fünfte Frucht sogar in der EU verbotene Schädlingsgifte.
Kritik am Pestizidhandel
Viele solcher Chemikalien würden jedoch in der EU für den Weltmarkt hergestellt, hieß es. Darunter auch die Chemikalie "Imidacloprid", die beim Test in Zuckermelonen nachgewiesen wurde. Den Umweltschützern zufolge exportiert auch der internationale Konzern Nufarm von seiner Niederlassung in Linz aus das als "Bienenkiller" bekannte Pestizid aus der Gruppe der Neonicotinoide. Einen Export nach Südamerika bestritt Nufarm jedoch gegenüber Greenpeace.
Die NGO übte am Mittwoch Kritik an diesem Pestzidhandel: "Europäische Agrochemiekonzerne produzieren Pflanzengifte, die auf unseren Feldern seit Jahren verboten sind, und machen damit in Ländern wie Brasilien ein großes Geschäft. Die Pestizide gefährden die Natur und Menschen vor Ort und landen schlussendlich durch importierte Lebensmittel wieder auf unseren Tellern", sagte Theissing-Matei. "Imidacloprid ist ein echter Bienenkiller und seit 2020 in der EU verboten. Bereits ein Teelöffel reicht aus, um 500 Millionen dieser wichtigen Bestäuber zu töten. Es ist verantwortungslos und unmoralisch, dieses Gift dennoch weiter zu exportieren."
Ende des EU-Mercosur-Pakts gefordert
Im Zuge des Tests wurden unter anderem auch Carbendazim (kann Gendefekte erzeugen) und Cyromazin gefunden, das die Fortpflanzungsfähigkeit von Menschen schädigen kann. Greenpeace forderte am Mittwoch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) auf, sich auf der morgigen EU-Handelsministerkonferenz für ein Ende des geplanten EU-Mercosur-Pakts einzusetzen.
Zur Mercosur-Freihandelszone gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten hatten vor 2019 eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt. Österreich positionierte sich damals dagegen. Auch im aktuellen Regierungsprogramm ist das "Nein zu Mercosur" verankert. Die EU-Kommission will das umstrittene Abkommen noch in diesem Halbjahr beschließen. Damit sollen etwa die Zölle auf 90 Prozent der EU-Chemikalienexporte, darunter auch Pestizide, fallen. Der Pakt führe daher unweigerlich dazu, dass Ackergifte billiger zu kaufen sind und somit stärker eingesetzt werden, kritisierte Greenpeace.