Es ist schwer vorstellbar, dass irgendjemandem sofort das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn man das Wort Erdäpfelmilch hört. Mit dem Hashtag „Kartoffelmilch“ wird man nämlich seit einiger Zeit auf allen unterschiedlichen Plattformen im Netz konfrontiert. Auch wenn es erst schräg erscheint, verwundert es beim zweiten Gedanken kaum: Pflanzendrinks aus Soja, Reis, Mandeln, Erbsen, Lupinen oder Hafer boomen. Es gibt also gute Gründe daran zu glauben, dass pflanzliche „Milch“ noch mehr an Popularität gewinnt.

Dem nicht genug: Ein Produzent aus Schweden hat nun auch eine cremige alternative Milchsorte aus Erdäpfeln im Angebot. Liest man sich die Vorzüge im Netz durch, klingt das erst einmal ganz plausibel: Der Pflanzendrink aus den gschmackigen Knollen sei nachhaltiger als andere Milchalternativen.

Folgende Punkte sprechen dafür: Erdäpfel sind, anders als etwa Reis, Mandeln oder Soja, auch in unseren Breitengraden heimisch und bedürfen keiner langen Transportwege, bevor sie verarbeitet werden. Und: Die kleinen Knollen brauchen 56 Mal weniger Wasser als Mandeln und nur eine halb so große Anbaufläche wie Hafer.

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Klingt am Papier alles sehr vielversprechend: Erdäpfel sind geschmacksneutral, sehr nahrhaft und auch noch extrem nachhaltig
Klingt am Papier alles sehr vielversprechend: Erdäpfel sind geschmacksneutral, sehr nahrhaft und auch noch extrem nachhaltig © Anastasiya

So weit so gut. Nur: Woher die schwedische Firma die Erdäpfel bezieht, aus denen sie die Milch herstellt, wird nicht deutlich. Und die Milch aus Erdäpfel weist kein Bio-Siegel auf und enthält darüber hinaus Natriumphosphate, deren Zusatz in Lebensmitteln mitunter kritisch gesehen wird. Auch die Herkunft einiger in der Milch enthaltenen Aromen wird nicht genauer beschrieben.

Darum: besser selber machen. Alles, was es braucht, sind fünf Zutaten und ein Mixer: Erdäpfel, Wasser, Mandelmehl, Ahorn- oder Agavensirup, Vanilleextrakt. Spätestens mit dem Mandelmehl fängt das puristisch veranlagte Küchenhirn jedoch zu grübeln an – es heißt doch schließlich Erdäpfelmilch.

Vor allem beim Backen kann Erdäpfelmilch seine volle Stärke ausspielen und sorgt für gute Konsistenz und krosse Kruste
Vor allem beim Backen kann Erdäpfelmilch seine volle Stärke ausspielen und sorgt für gute Konsistenz und krosse Kruste © anna.q

Und wenig überraschend: Lässt man Mandelmehl, Ahornsirup und Vanilleextrakt erst einmal weg, wird es schlimm. Genauer gesagt grauslich. Hat man nämlich alles laut Rezept abgeseiht bekommt man eine Flüssigkeit in durchsichtigem Gelb. Und diese riecht vor allem stark nach einem: gekochten Erdäpfeln. Alle Online-Rezepte versprechen, dass man das Gebräu wie jede andere pflanzliche Milch verwenden kann.  Ganz ehrlich? Nein, das geht nicht. Das wäre ein Affront gegenüber den Erdäpfeln. Und gegen die Milch. Zumindest in diesem Zustand. Fügt man dann aber die „Zusatzstoffe“ Mandelmehl, Ahornsirup und Vanilleextrakt dazu, ist es trinkbar. Von Genuss kann man aber noch nicht sprechen.

Wo aber weitere Einsatzmöglichkeiten entstehen könnten: beim Backen. Schon während des ersten Versuchs reagiert Kartoffelmilch stabiler als alle anderen Varianten, und ergibt etwa bei Kuchen eine geniale Textur und herrliche Kruste.

Wer sich noch intensiver mit der Milch aus Erdäpfeln auseinander setzen möchte, könnte es auch einmal mit Süßkartoffeln versuchen. Wagt man sich an diese Rezepte, hat das rein optisch mit Milch gar nichts mehr zu tun. Aufgrund des intensiven süßlichen Geschmacks ist es auch für den Frühstückskaffee kaum geeignet. Aber für Smoothies oder einen geeisten Ahorn-Mokka-Macchiato eine erstaunliche Alternative.