Bei der „Wöschmeisterschaft“ am Weingut Maitz in Ratsch wurden 240 Weine von einer heimischen und internationalen Sommelierelite verkostet. Über die Vielschichtigkeit des Welschrieslings - vom Klassiker über Riedenweine, Orange und Nouvelle Wösch bis zur Prädikatsstufe - geriet die Jury ins Schwärmen.
Verkostet wurden Welschrieslinge in den Kategorien Klassik, Riede, Prädikate, Nouvelle Wösch und Naturweine/Orange & Amphore. 66 Weine traten im Finale an um Wöschmeister zu werden. Die wichtigsten Antworten zu Österreichs zweithäufigster Rebsorte und die Siegerweingüter.
Warum ist die Zeit reif für eine Imagekorrektur des Welschrieslings?
ANDREAS WICKHOFF: Die Rebsorte kann heute in verschiedenen Stilistiken gespielt werden. Knochentrocken - so wie wir Steirer mit dem Welschriesling aufgewachsen sind -, aber auch in der neuen Richtung Nouvelle Wösch mit mehr Maischestandzeit oder eben als Prädikatswein. Diese Vielseitigkeit wird gelebt. Wenn jemand mit Welsch aufgewachsen ist, macht das heute viel Spaß.
GERHARD RETTER: Er ist der Brot-und-Butter-Wein der Steiermark, aber es hat sich schon in den letzten Jahren abgezeichnet, dass aus dieser Rebsorte Weine produziert werden können, die zu den großen Weinen der Welt gehören. Er hat sich lange Zeit unter Wert geschlagen, nur in die Jung-frisch-zisch-und-weg-Kategorie gestellt. Global gesehen suchen Weinkenner nach autochtonen Rebsorten, weil sie von Chardonnay, Cabernet, Merlot und Co. gesättigt sind.
Mit dem Welschriesling kann man Kunden – sei es als Weinhändler oder Gastgeber - noch überraschen. Wenn, dann kennen sie es als Hochprädikat, als Süßwein, aber wie wir ihn im Rahmen der Wöschmeisterschaft probiert haben – etwa in der Kategorie Nouvelle Wösch – ist dieser Wein gerade einmal vor zehn Jahren auf die Bühne gekommen. Jetzt stellt sich heraus, dass daraus außergewöhnliche Weine entstehen.
Es waren also keine übrig gebliebenen Zufallsfunde, die auf die Spur des „Wösch“ geführt haben, es wurde von den Winzern bewusst darauf hin gearbeitet …?
RETTER: Absolut, einer der Siegerweine kommt von 60 Jahre alten Rebstöcken…
Eine schnelle „Wösch“-Charakteristik?
RETTER: Der Welschriesling springt im Vergleich zum Muskateller oder Sauvignon nicht aus dem Glas - im Duft, er muss am Gaumen liefern. Er ist eigentlich ein untypischer Österreicher – er ist kein Blender. Auf unserer Urkunde haben wir deshalb vermerkt: Es lohnt ein zweiter Blick, denn bei näherer Betrachtung ist das vermeintlich kleine doch ganz groß.
Ist heute alles besser als damals?
WICKHOFF: Das würde ich nicht sagen - wir suchen ja gerade nach dieser Frische, Würzigkeit, nach herbalen Komponente. Aber neben der Klassik auch zu sagen: Das kann Welschriesling in einer gewissen Reife, dieses Harmonische, Eingebundene, ihn nicht nur als Jausenwein samt Abstufungen zu bringen. Was Welschriesling von einer Riede in einer Rundheit, Komplexität, Vielschichtigkeit kann, ist fantastisch. Es ist immer etwas Vibrierendes, Brilliantes, Lebendiges in ihm. Der Welschriesling kann das, ohne dass er überbordend, prätentiös ist.
ALEX KOBLINGER: Es ist schwierig genug für einen selbst zu definieren: Was ist meine Vorstellung von einem Welschriesling? Da sehen wir erst, wie weit wir von dieser Rebsorte weg sind. Der Welschriesling ist die am Zweithäufigsten angebaute Rebsorte und wir hatten bislang viel zu wenig mit ihm zu tun.
RETTER: Ein Punkt noch - ich denke, der Welschriesling wird ein Gewinner der Klimaerwärmung sein.
Wer hat bei der Wöschmeisterschaft gewonnen?
RENÉ KOLLEGGER: Es gibt einen klaren Sieger – die Rebsorte Welschriesling. Vor zehn Jahren hat das noch niemanden interessiert und jetzt sitzt hier diese hochkarätige Runde und ist überglücklich, dass sie Welschriesling in der Qualität verkosten kann. Einen Imagewandel kann man nur herbeiführen, wenn der Winzer mitspielt. Es waren unter den 260 Einreichungen viele Weine von jungen, motivierten Winzern aus der Steiermark, dem Burgenland und Niederösterreich dabei, die das großartig machen.
Birgit Pichler