Spyros Metaxas war der Geschäftssinn in die Wiege gelegt. Als Sohn eines griechischen Seidenhändlers gründete er schon bald sein eigenes Handelsunternehmen, reiste viel und genehmigte sich den einen oder anderen Drink. Doch die Spirituosen dieser Welt schmeckten ihm nicht. Zu scharf, zu wenig Aroma befand er und beschloss kurzerhand, seine eigene zu kreieren.
Er kaufte einen Weinberg, experimentierte jahrelang mit verschiedenen Trauben und baute 1888 seine eigene Destillerie in Piräus. Während das Projekt in Schwung kam, ging die Weinwirtschaft in Europa den Bach hinunter. Die Reblaus hatte auch Österreich längst den Saft abgepresst. Als sie an der Kippe zum 20. Jahrhundert über Griechenland kam, hatte Spyros Glück. Sein Muskateller auf der Insel Samos blieb verschont.
Im Vergleich ist etwa das Weinviertel mit rund 4900 Quadratkilometern zehnmal größer als Samos. Doch das, was Spyros da destillierte und mischte, hatte großes Potenzial. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
Kein Cognac, kein Brandy
Der Metaxa ist schwer zu klassifizieren. Anfangs kam er als Cognac auf den Markt, bis nur mehr der Branntwein aus dem französischen Gebiet so benannt werden durfte. Später als Brandy. Heute ist er, „The Original Greek Spirit“, eben seine ganz eigene Kategorie. Ein Geheimrezept, das der Metaxa-Master an seinen Nachfolger weitergibt. Es ist eine Mischung aus Muskatweinen und Weindestillaten verschiedener Jahrgänge, mit Auszügen mediterraner Kräuter und einem Hauch von Rosenblüten. Die Anzahl der Sterne auf der Flasche ist gleichbedeutend mit den Jahren, die er heranreift.
So schmiegt sich etwa der Metaxa „12 Stern“ mit Vanille- und Muskatnoten weich an den Gaumen, duftet nach Orangen, Schokolade und Dörrfrüchten. Zwölf Jahre in großporigen Limousin-Eichenfässern verleihen ihm die Farbe von Bernstein. Auch im Glas strahlt der Metaxa noch die Ruhe aus, die ihm in den Jahren im Fass so gut bekommt. Auch wenn es in den letzten Jahren, was den Export angeht, doch recht turbulent zuging. Noch vor 30 Jahren wurde der Großteil im eigenen Land getrunken. Heute gehen etwa 70 Prozent in 60 Länder der Welt.
Im Metaxa-Keller
Tief in den Kellern vor der Hauptstadt Athens lagern Tausende Eichenfässer. Kleine mit Muskatwein und 3500-Liter-Monsterfässer, in denen die Destillate auf der Basis der Rebsorten Savatiano, Sultana und Korinthiaki heranreifen. Die meiste Zeit herrscht hier völlige Dunkelheit. Nur wenn Constantinos Raptis eine Handvoll Besucher durch die Keller führt, werfen die wenigen Glühbirnen ihr spärliches Licht auf das alte Holz.
Meterlange Spinnenfäden verweben die Fässer miteinander. Manche sind älter als Raptis selbst. Seit mehr als 30 Jahren ist der Önologe und Chemiker für die richtige Mischung verantwortlich, er ist der fünfte „Metaxa-Master“ in einer Reihe nach dem Gründer, dessen Frau und den Nachkommen. Wenn er sich zur Ruhe setzt, wird eines der mächtigen Fässer nach ihm benannt sein.
Der Schatz der Engel
Sie inspirieren ihn auch zu neuen Kreationen. Seine letzte nennt er „Angels Treasure“. Benannt nach dem „Schatz“, der sich wie auch in anderen Kellern in den Fässern konzentriert, wenn das Fass Alkohol („Angel’s Share“, Anteil für die Engel genannt) und Wasser in die Umgebung atmet. Doch hier ist alles ein wenig anders. In der trockenen Luft von Attika verdunstet mehr Wasser als Alkohol. Was übrig bleibt, ist verdichtet und hocharomatisch.
Einen kleinen Schatz fand Spyros Metaxas schon in den Anfängen, als er beim Bauen der Destillerie vor 132 Jahren auf ein schmutziges Stück Metall stieß. Eine alte Münze mit einem griechischen Bogenschützen, der sich in der Schlacht von Salamis gegen alle Widrigkeiten (in dem Fall die Perser) stellte. Spyros nahm es als Zeichen. Noch heute sieht man es auf jeder Flasche.
Birgit Pichler