Warum hat eigentlich noch niemand eine App zum Pilzefinden erfunden? Das wäre doch einmal etwas. Mit Ansteckapplikation und integriertem Pilzsporensensor. Zumindest hatte ich kurz diesen Gedanken, als ich am vergangenen Wochenende wieder einmal nach mehreren Stunden die Morchelsuche erfolglos beenden musste. Es ist wie verhext. Steinpilze, Eierschwammerl, Krause Glucke, Maronenröhrlinge und selbst Herbsttrompeten finden den Weg in mein Pilzekörberl. Die Morcheln selten bis gar nicht. Dabei schmecken sie mir am besten. Hätte ich nicht meinen Freund Gustl, der mir jährlich großzügig eine Ladung vorbeibringt, wäre das Schwammerlfrühjahr ausgesprochen trostlos.

Video - Joachim Gradwohl und sein Morchelrezept

Aber es geht anscheinend nicht nur mir so. Die Speisemorchel ist ein sehr beliebter Pilz, der wirklich nur schwer ausfindig zu machen ist. Gute Morchelplätze werden wie Staatsgeheimnisse gehütet. Glaubt man Experten, sind Speisemorcheln standorttreu. Dennoch treten sie nicht jedes Jahr an den gleichen Plätzen auf. Ich spreche aus Erfahrung. Bei trockenem Wetter tauchen sie angeblich oft gar nicht auf. Das Zeitfenster in einem Gebiet ist im Grunde auf ein bis maximal zwei Wochen beschränkt. Die scheuen Morcheln kommen in Laub- und Mischwäldern, auf Waldwiesen, unter Gebüschen in Parkanlagen, an Waldböschungen, an Waldrändern und vor allem in Auwäldern vor.

Genau dort haben meine Eltern die Morcheln für das heute vorgestellte Gericht gefunden. Da nämlich auch Joachim Gradwohl mit seiner Partner Lilli Kollar vom Restaurant „Lilli & Jojo“ bei der Suche nicht fündig wurden, konnten wir glücklicherweise quasi in letzter Minute auf tolle Morcheln aus dem Familienfund zurückgreifen. Und der „Gault&Millau“-Koch des Jahres 2007 zeigte sich ob des beachtlichen Fundes mehr als begeistert. Denn: „Wenn sie da sind, sind sie eigentlich auch schon wieder weg“, lacht der erfahrene Koch. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin verwöhnt er seit knapp vier Jahren begeisterte Gäste im Wirtshaus an der südsteirischen Weinstraße.

Mehr Zutaten braucht es für ein aromatisches Morchelgericht nicht!
Mehr Zutaten braucht es für ein aromatisches Morchelgericht nicht! © Nadja Fuchs

„Die Zubereitung der Morcheln ist einfach und damit sind sie für die schnelle Küche geeignet. Weil Morcheln hohl sind, sammeln sich im Inneren leicht Steine, Sand oder Kiefernnadeln. Gründliches Putzen der Morcheln ist entsprechend wichtig“, erklärt der Profi. Es ist unbedingt notwendig, dass Morcheln gut erhitzt werden, mindestens auf 80 Grad. Und: Purismus ist das Gebot der Stunde. „Ich kombiniere die Morchel mit möglichst wenigen Fremdaromen, damit sie ihren Geschmack voll entfalten kann.“

Die Morcheln werden von Gradwohl kurz in einer Pfanne angebraten und zu einer feinen Sauce weiterverarbeitet.
Die Morcheln werden von Gradwohl kurz in einer Pfanne angebraten und zu einer feinen Sauce weiterverarbeitet. © Nadja Fuchs