Wenn man Fleisch abgepackt im Supermarkt kauft, fehlt meist die Assoziation zum ganzen Tier. Das wäre aber wichtig. Denn es geht um Respekt vor dem Nahrungsmittel, Respekt vor dem Tier und darum, zu erkennen, was man da eigentlich für ein Produkt vor sich hat. Fleisch wächst nämlich nicht im Kühlregal, sondern es steckt ein Lebewesen dahinter. Kurioserweise hat sich unsere Gesellschaft in eine Richtung entwickelt, in der Fleisch zart sein soll und am besten nach nichts schmeckt. Warum dann überhaupt ein Tier töten, könnte man sich fragen?

Das allseits gehypte Filet ist eigentlich wirklich langweilig im Geschmack. Die aromatischeren Stücke sitzen ganz woanders. Und genau da setzt die Philosophie der Nose-to-Tail-Küche an. Das komplette Tier wird verwertet. Von der Schnauze bis zum Schwanz. Wie es eben auch früher schon gehandhabt wurde. Und weswegen es auch den Brauch des Sautanz gibt. Eine Tradition, die früher im beginnenden Winter allgegenwärtig war.

Das Schwein galt dabei als die Vorratskammer des Haushalts. Da es damals weder Kühlschränke noch Kühltruhen gab, nützte man die winterliche Kälte dafür. Und im Winter hatte man auch genügend Zeit, um alle Teile des Schweines fachgerecht aufzuarbeiten, damit man dann übers Jahr auch Fleisch zu essen hatte. Weil das ein Tag der Freude war, wurde daraus ein großes Fest mit jeder Menge Wein, Musik und Tanz. Deswegen nannte man das auch nicht einfach nur Schlachttag, sondern eben „Sautanz“.

Auch heutzutage wird an einigen Adressen in Österreich dieses wichtige Brauchtum zelebriert. Im Burgenland ein Wegbereiter des Sautanz-Comebacks ist der bekannte Koch Max Stiegl. In der Steiermark sorgt am Genussgut Krispel Patron Toni Krispel mit der „Vermessung der Sau“ für ein kulinarisches Revival dieses Brauchtums. Auch in Neusetz bei Straden wird dafür geschlachtet und geschnitten, gekocht, gebraten, faschiert, ausgelassen, geräuchert, gesalzen und zu Filets und Schnitzeln, zu Würsten, Speck, Schmalz und Grammeln verarbeitet.

Video - Einblicke vom Sautanz im Gut Purbach

Fein gehackte Milz wird in Schmalz gebraten und auf die Semmel gestrichen. Leber kommt in kleinen Stücken in eine Riesenpfanne, in der sie gleich mit Majoran, Rosmarin, Pfeffer und einem kleinen Schuss Balsamico auf dem Holzofen gebraten wird. Fette Speckwürfel in einem riesigen Topf ausgelassen, Beuschel gekonnt abgeschmeckt und Breinwurstbrät im Trog verfeinert und in die Wurstdärme abgefüllt. Alles frisch. Alles gut. Und das Beste: man kann dabei mitarbeiten, muss aber nicht. Ein Schwein hat Schwein gehabt, wenn es nicht nur für die vermeintlich besten Teile herhalten muss. Und alle Sautanz-Gäste haben Schwein gehabt, weil sie etwas Neues oder vermeintlich Ungewöhnliches erleben durften.