Musikalische Tätigkeiten wie Tanzen und Singen wirken sich über das ganze Leben hinweg positiv auf Körper und Geist aus – das zeigt eine aktuelle Studie der Weltgesundheitsorganisation.
Ein weiterer Fakt: Schon heute leiden rund 120.000 Österreicher an Demenz – da die Gesellschaft zunehmend älter wird, nehmen die Erkrankungen weiter zu. Es gilt also, Wege zu finden, um Demenz vorzubeugen – ein Ansatz: Musik. Victoria Vorraber ist Musikpädagogin und weiß über die vielfältigen Vorteile, die musikalische Betätigung im Alter mit sich bringt. „Musizieren funktioniert im Gehirn ähnlich wie das Erlernen von Sprachen: Verschiedene Hirnareale müssen gleichzeitig arbeiten. Das hält geistig fit.“ Vorraber selbst musiziert mit Schülern über 60 Jahre in der Grazer Musikschule „Klangwelt 60 plus“.
Das Pflegepersonal macht mit
Auch in anderen Ländern wird vermehrt mit älteren Menschen Musik gemacht. Das Projekt „Music for Life“ wird derzeit in Pflegeheimen in Großbritannien umgesetzt. Dort musizieren Erkrankte gemeinsam mit dem Pflegepersonal. „Musik gibt Menschen, die sich über Sprache nicht mehr so gut ausdrücken können, die Möglichkeit, ihre Emotionen zu kommunizieren“, weiß Vorraber. Sie selbst konnte eine Vielzahl an weiteren positiven Effekten erkennen, die sich ergeben, wenn man im fortgeschrittenen Lebensalter noch einmal zum Instrument greift und sich auf eine musikalische Reise einlässt.
Musik sorgt gegen Demenz vor
Beim Musizieren läuft unser Gehirn auf Hochtouren: Wir müssen uns konzentrieren und verschiedene Hirnareale gleichzeitig verwenden. Das fördert die Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Bereichen im Gehirn. Dass solche vielschichtigen Aufgabenstellungen uns geistig fit halten, ist durch viele Studien belegt. Daher wirkt Musik auch als vorsorgende Maßnahme gegen Demenzerkrankungen. Das ist aber nicht die einzig positive Wirkung auf unseren Körper. Untersuchungen zeigen, dass Glückshormone ausgeschüttet werden, wenn wir Musik hören oder selber Musik machen. Durch die erhöhte Ausschüttung von Hormonen heben musikalische Tätigkeiten die Stimmung merklich an. Der Körper bekommt vermehrt positive Reize und Erfahrungen.
Motorischer Schwung hält länger fit
Ein Instrument zu spielen ist eine komplexe Tätigkeit, die das Gehirn und den Körper fordert. Wer am Klavier schöne Klänge erzeugen will, muss mit seinen Fingern verschiedene Tasten drücken, während die Füße die Pedale bedienen. Diese Herausforderung im Alter anzunehmen sorgt dafür, dass grob- und feinmotorische Kompetenzenerhalten bleiben. Zusätzlich können durch musikalische Fingerübungen bereits verlorene motorische Fähigkeiten wieder zurückgewonnen werden.
Jeder bringt seine Musikgeschichte mit
Laut Vorraber bringt jeder Mensch seine eigene Musikgeschichte mit: Musik sei so sehr in unseren Alltag integriert, dass jeder Mensch ein bestimmtes Gefühl da sie habe. Vor allem beim Musizieren mit Menschen, die viel Lebenserfahrung vorweisen, wird deshalb auf Biografiearbeit gesetzt: Dabei werden Erfahrungen aus dem eigenen Leben ins Musizieren einbezogen. So kann es sehr motivierend sein, wenn man sein Lieblingslied plötzlich selbst spielen kann.
Gerade im Alter sei Einsamkeit immer wieder ein großes Thema. Durch den Besuch einer Musikschule oder durch das gemeinsame Musizieren mit Freunden kann man wöchentlich fixe Termine einplanen, die über den musikalischen Aspekt der Treffen hinausgehen. „Musik verbindet über die Generationen hinweg. So kommen beispielsweise ältere Menschen in persönlichen Dialog mit jungen Lehrern. Das ist bereichernd für beide Seiten, da man viel voneinander lernen kann“, meint die Musikpädagogin. Musik agiert dabei als Sprachrohr für Gefühle.
Musizieren beginnt in kleinen Tätigkeiten
„Ich bin unmusikalisch.“ Diesen Satz hört man sehr oft. „Stimmt nicht“, meint Vorraber. „Für jeden gibt es einen Zugang zu Musik.“ So kann man die freie Zeit in der Pension dafür nutzen, endlich das Instrument zu lernen, das man schon als Kind spielen wollte. Gesundheitlich förderlicher Umgang mit Musik kann aber auch im Kleinen beginnen, wie mit gemeinsamem Singen oder Sitztänzen für motorisch bereits eingeschränktere Menschen. Musik funktioniert dabei als Kommunikationsmittel. Egal ob alleine oder in der Gruppe: Für jeden gebe es den richtigen Zugang.