Wehe, wenn eine Erkältung erwischt: Dann ist keine Rede mehr vom „starken Geschlecht“, dann liegt er darnieder, wimmert und röchelt, als wäre mit der Erkältung auch noch Pest und Cholera über ihn hereingebrochen. Die Rede ist vom verschnupften Mann, der – so will es zumindest das Klischee – ein riesiger Jammerlappen ist, wenn ihn eine Erkältung ereilt. Männerschnupfen ist das geflügelte Wort, das den männlichen Ausnahmezustand zwischen Taschentüchern und Luftbefeuchtern beschreibt und Frau verächtlich die Augen verdrehen lässt. Die Buchautorinnen Anna Herzog und Lucinde Hutzenlaub, die sich der Anatomie der männlichen Erkrankung im Buch „Männergrippe“ auf medizinisch-humoristische Weise annähern, prägen dafür die Abkürzung TMG – tödliche Männergrippe. Doch – und nun kommt das große Argument, das Männer in zukünftigen Diskussionen rund um dieses Thema für sich verbuchen können – tatsächlich sind Männer, biologisch betrachtet, anfälliger für Viren. Ist der Männerschnupfen damit also gar kein Geschlechtermythos – sondern medizinische Tatsache?
Was Untersuchungen zeigen
Na ja. Was Gendermediziner bestätigen: „Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen aktiviert das Immunsystem, während Testosteron, das männliche Gegenstück, das Immunsystem eher dämpft“, sagt Alexandra Kautzky-Willer, Pionierin der Gendermedizin in Österreich. Das bedeutet: Das weibliche Immunsystem reagiert stärker auf eindringende Viren und bekämpft diese effektiver, als es das bei Männern tut. Bei Männern verlaufen Erkältungen daher auch häufiger schwer. Dieser Effekt hat auch Einfluss darauf, wie gut Impfungen bei Männern wirken: Forscher der Stanford University untersuchten das Blut von Männern und Frauen nach einer Grippeimpfung. Es zeigte sich: Frauen hatten nach der Impfung mehr Antikörper gegen Grippeviren im Blut als Männer – das weibliche Immunsystem hatte besser auf die Impfung reagiert. Eine abschließende Erklärung dafür, warum es zu diesen unterschiedlichen Immunantworten kommt, hat die Forschung bisher noch nicht – es wird vermutet, dass der Zusammenhang mit Östrogen darin begründet liegt, dass in der Schwangerschaft Mutter und Kind gut geschützt sein müssen.