Wenn ein sportlicher Zwanzigjähriger beim Fußballspielen einen Herzinfarkt erleidet oder eine schlanke, dreißigjährige Nichtraucherin mit Schlaganfall ins Spital eingeliefert wird, ist der Schock meist groß. „Wenn junge Menschen von Krankheiten betroffen sind, die üblicherweise erst ältere treffen, dann ist das ein besonderes Drama“, weiß Internistin Bianca Zuschnig, die am Klinikum Klagenfurt die neue Fettstoffwechselambulanz, die einstweilen noch der Diabetikerambulanz zugeteilt ist, betreibt.

Vor Weihnachten wurde dort ein 33-jähriger Patient eingeliefert, der von Herzbeschwerden durch eine massive Verkalkung der Herzkranzgefäße betroffen war. Er leidet wie die eingangs Erwähnten und wie der Vierjährige aus Vorarlberg, der im Kindergarten mit einem Herzinfarkt zusammenbrach, an familiärer Hypercholesterinämie (FH), einer vererbten Stoffwechselstörung, die mit stark erhöhten Cholesterinwerten - insbesondere des schädlichen LDL-Cholesterins - einhergeht. „Wenn ein junger Patient LDL-Werte von über 200 Milligramm pro Deziliter aufweist, leidet er meist an FH“, sagt Zuschnig.

Doch viele Betroffene sind sich ihrer Erkrankung nicht bewusst, sind nicht übergewichtig und leben laut Patientenorganisation FHchol Austria auch nicht besonders ungesund. Dennoch werde jungen Menschen mit erhöhten Cholesterinwerten von Hausärzten ohne Diagnose eine Ernährungsumstellung empfohlen, weiß Gaby Hanauer von FHchol Austria. „Sie sind frustriert, wenn die Werte nicht besser werden.“

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Die genetisch bedingte Krankheit vererbt sich zu 50 Prozent, erklärt Zuschnig. Wenn ein 80-Jähriger kein erhöhtes Cholesterin aufweist, seine Brüder aber vor dem Alter von 50 einen Herzinfarkt erleiden, können Kinder und Enkel Genträger sein. Klarheit bringen molekulargenetische Untersuchungen.

Einfach und effektiv behandeln

Im Gegensatz zu anderen genetischen Erkrankungen könne die familiäre Hypercholesterinämie „einfach und effektiv“ behandelt werden, sagt Hanauer. „Erfolgt die Diagnose möglichst früh, kann man mit Bewegung und adäquater Ernährung mit viel Obst, Gemüse, gesunden Ölen, wenig tierischem Fett, viel Fisch, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie Medikamenten den LDL-Cholesterinwert auf Normalwert senken.“

Neue Medikamente könnten zu einer Cholesterin-Absenkung von bis zu 60 Prozent führen, sagt Zuschnig. Der große Vorteil: Sie werden nur alle 14 Tage per Spritze verabreicht. „Werden Patienten rechtzeitig behandelt, haben sie eine normale Lebenserwartung.“ Leider gebe es in Österreich bislang kein Vorsorgeprogramm für FH. Auch im Mutter-Kind-Pass werde die Erbkrankheit nicht abgefragt. Meist werde FH erst nach Auftreten einer schweren Folgeerkrankung festgestellt.

Die österreichische Atherosklerosegesellschaft unter Leitung von Christoph Binder will nun mit FHchol Austria das „Fass dir ein Herz“-Register aufbauen. Ausgehend von Patienten sollen noch „gesunde“ Familienmitglieder rechtzeitig entdeckt und behandelt werden. Mit jedem diagnostizierten Patienten sind auch weitere erst- und zweitgradig verwandte Familienmitglieder zu erwarten. „Diese zu entdecken, würde die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen drastisch senken“, so Binder.