Müde, schlapp, schlecht gelaunt: Die „Winterdepression“, die eigentlich saisonale Verstimmung heißt, ist eine Erkrankung bedingt durch die Jahreszeit: Sie tritt an zumindest 90 Kalendertagen und immer zur selben Zeit auf. Der Schlüssel ist das Licht: Im Herbst werden die Tage kürzer, das Sonnenlicht verliert an Intensität.
Dadurch trifft auch weniger Licht auf der Netzhaut auf. Das wiederum beeinflusst den Hormonhaushalt im Gehirn. „Durch Sonnenlicht wird die Serotonin-Produktion angeregt“, sagt Psychiater Dietmar Bayer. Dieses sogenannte Muntermacher-Hormon trägt seinen Namen zu Recht, geht mit einem Serotonin-Mangel doch auch ein Energiemangel einher. Gleichzeitig steigt das Schlafbedürfnis, da durch die vermehrte Dunkelheit auch mehr des „Schlafhormons“ Melatonin ausgeschüttet wird.
Von "normal" zu krank
„Dass wir bei wenig Sonnenlicht müde und energielos sind, ist ganz normal“, sagt Bayer. Der Körper schaltet auf Wintermodus um. Bei manchen Menschen komme es nun aber zu einer überschießenden Verstimmtheit. Die Symptome ähneln einer Depression, unterscheiden sich aber in wesentlichen Punkten: Bei der saisonalen Verstimmung ist die Müdigkeit ein großes Problem, während man bei einer Depression an Schlaflosigkeit leidet. Bei der saisonalen Verstimmung nimmt man Gewicht zu, bei der Depression verliert man Gewicht.
Treten Symptome auf, sollte man diese zuerst ärztlich abklären lassen. Denn hinter Energie- und Antriebslosigkeit können auch Mangelerscheinungen stecken: Ein Mangel an B-Vitaminen, Eisen, Zink oder Selen könne Einfluss auf den Energiehaushalt haben, Infektionskrankheiten können auch solche Symptome verursachen. Aber: Tritt die Verstimmung jedes Jahr zur gleichen Zeit auf, spricht man von einer saisonalen Verstimmung.
Therapie mit Licht
Da das fehlende Licht das Problem ist, wird auch mit Licht therapiert: Dafür gibt es spezielle Lichttherapie-Geräte. Diese müssen mindestens 7000 bis 10.000 Lux haben und man sollte ein bis zwei Mal pro Tag mindestens eine halbe Stunde davor sitzen, mit einer Armlänge Abstand.
Dadurch wird das Wohlfühlhormon Serotonin wieder vermehrt hergestellt – und das Wohlbefinden steigt. "Manchmal ist aber auch ein mildes Antidepressivum notwendig", sagt Bayer.