Ich muss Sie etwas fragen, schäme mich aber sehr. Meiner Frau (53) wurde vor einem Jahr ein Tumor am Mastdarm entfernt. Sie wurde in diesem Bereich auch bestrahlt. Ihr geht es jetzt, nach einer körperlich und seelisch sehr anstrengenden Zeit, wieder gut. Für mich war natürlich diese Zeit über klar, dass ich sexuell von ihr nichts erwarten kann.
Jetzt merke ich aber, dass meine Sehnsucht nach körperlicher Nähe stärker wird. Ich weiß einfach nicht, wie ich das angehen soll, denn meine Frau zeigt kein Bedürfnis in diese Richtung. Dabei waren ihr früher unsere intimen Momente sehr wichtig. Ich komme mir so schlecht vor, so primitive Bedürfnisse zu haben, während meine Frau von einer schweren Erkrankung betroffen ist.
Elia Bragagna antwortet. Warum sollten Sie sich schämen? Sie sind Teil dieser Paarbeziehung. Wenn sich etwas für Ihre Frau verändert, ändert sich auch Ihr Leben. Krebs ist immer etwas Einschneidendes, auch wenn die meisten Krebsformen gut behandelbar sind. Leider können der Tumor, die nötigen Therapien und die psychischen Belastungen die Sexualität einschneidend verändern.
Etwa jeder zweite Krebspatient entwickelt ein sexuelles Problem. Wichtig für das intime Leben nach den Behandlungen ist, dass man es zum Thema macht. Sie können Ihre Frau liebevoll fragen, wie es ihr mit ihren sexuellen Bedürfnissen geht und was sie braucht, um sich wieder darauf einlassen zu können. Sie können ruhig zu Ihren eigenen Bedürfnissen stehen. Zusammen werden Sie herausfinden, welche Sexualität passend ist, denn oft kann es für die Betroffenen bedeuten, dass sie ihren Körper neu kennenlernen. Wenn Sie den Eindruck haben, es nicht alleine zu schaffen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber.