1. Nicht alles, was holprig klingt, ist auch Stottern. Wann ist davon die Rede?
Antwort: Laut der Österreichischen Selbsthilfe Initiative Stottern (ÖSIS) ist das Stottern eine körperlich bedingte Störung des Sprechablaufs. Diese mache sich in häufigen Unterbrechungen im Redefluss bemerkbar. Das heißt: Der Stotternde weiß, was er sagen möchte, kann es aber nicht ohne Blockaden oder Wiederholungen von Satzteilen, Worten und Silben herausbringen. Das geht mit großer Anstrengung einher. „Das Reden wird zum Kraftakt, man beginnt sich zu verkrampfen und spürt, wie man in eine sprachliche Blockierung rutscht“, erklärt die Wiener Logopädin Uli Haas.
2. In welchem Alter beginnt das Stottern und wie viele
Menschen sind davon betroffen?
Antwort: In der Regel beginnt das Stottern im Kindesalter. Schon ab dem 2. Lebensjahr kann es zu den ersten Sprechunflüssigkeiten kommen. Laut ÖSIS passiere das gar nicht so selten: Rund fünf Prozent aller Kinder haben mit Symptomen des Stotterns zu kämpfen. Wobei vier von fünf Kindern es schaffen, diese bis zur Pubertät wieder abzulegen. Schätzungen zu Folge stottert ein Prozent der Weltbevölkerung. Womit sich die Zahl in Österreich auf mehr als 80.000 Fälle belaufen müsste.
3. Was ist die Ursache des Stotterns?
Antwort: „Kinder fangen meistens ohne ersichtlichen Grund an zu stottern“, sagt Uli Haas. Warum das so ist, könne die Wissenschaft selbst bis heute nicht beantworten. Gewiss ist aber, dass mehr Buben als Mädchen davon betroffen sind. Zum Leidwesen der Betroffenen ist viel Halbwissen zu dem Thema in Umlauf. Was die Wissenschaft heute weiß: Stottern ist eine körperliche Störung des Sprachablaufs. Diese Sprachunflüssigkeit beruht aber weder auf psychischen Problemen noch ist es eine schlechte Angewohnheit.
4. Was passiert im Körper während des Stotterns?
Antwort: Jene Muskeln, die für das Schwingen der Stimmlippen verantwortlich sind, haben eine Arbeitshemmung. Dadurch kann die Stimme nicht richtig heraus und das Wort will einem nicht über die Lippen kommen.
5. Mein Kind stottert. Was soll ich tun?
Antwort: Auf jeden Fall nicht in Panik verfallen. Das sei laut der Expertin ein verheerendes Signal für die Kinder. Indem man ihnen signalisiere, dass ihr Stottern nicht sein dürfe und etwas an ihnen falsch sei, fördere man bloß das Schamgefühl und die Tabuisierung des Themas an sich. Lediglich abzuwarten, bis sich das Problem von selbst löst, wäre allerdings auch keine Alternative. Haas rät zu einem Beratungsgespräch mit dem Kinderarzt oder einem Logopäden. Hier gilt die Devise: Je früher, umso besser. Je jünger das Kind bei dem Beginn der Behandlung ist, desto größer ist auch die Chance, die Sprechunflüssigkeit zu überwinden. In der Vergangenheit wurden dabei viele Fehler gemacht. So wurde zum Beispiel mit dem Kind selbst nicht übers Stottern gesprochen, weil man davon ausgegangen ist, dass der junge Patient erst durch das Ansprechen des Stotterns darauf aufmerksam werden würde und sich die Situation verschlimmern könnte.
6. Was lernt man bei einem Logopäden?
Antwort: Geschickt mit dem Stottern umzugehen. Das bedeutet vor allem, nicht mit voller Muskelkraft gegen das Stottern anzukämpfen. Nur mit einem lockeren Körper kann die Sprechbewegung durchgeführt werden. Eigene Sprechtechniken sollen den Patienten dabei helfen, das Stottern gar nicht erst aufkommen zu lassen.
7. Ich habe einen Stotterer in meinem Umfeld und Angst, mich falsch zu verhalten. Wie kann ich ihn unterstützen?
Antwort: Es ist nicht schlimm, wenn dem Gegenüber manchmal die Worte im Hals stecken bleiben. „Geduld ist das Wichtigste“, weiß Logopädin Uli Haas aus mehr als 30 Jahren Praxis. Sie empfiehlt, Betroffenen aufmerksam in die Augen zu schauen, sie nicht zu unterbrechen oder gar den Satz für sie zu Ende zu sprechen. Das kann erniedrigend wirken. Und auch wenn Sie es gut meinen, sollten Ratschläge wie „Denk erst nach, bevor du sprichst“ vermieden werden. Einige Stotterer hören das gar nicht gerne. Vor allem deshalb, weil chronische Stotterer nicht aus fehlender Konzentration stottern. Im Gegenteil, sie wissen, was sie sagen möchten. Generell gilt: Geben Sie ganz ehrlich zu, dass Sie Angst haben, etwas falsch zu machen. Sind Sie unsicher? Dann fragen Sie nach, wie Sie sich verhalten sollen.
Katrin Fischer